Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 108

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 Aber der Begriff der Verbindung führt außer dem Begriffe des      
  02 Mannigfaltigen und der Synthesis desselben noch den der Einheit desselben      
  03 bei sich. Verbindung ist Vorstellung der synthetischen Einheit des      
  04 Mannigfaltigen.*) Die Vorstellung dieser Einheit kann also nicht aus      
  05 der Verbindung entstehen, sie macht vielmehr dadurch, daß sie zur Vorstellung      
  06 des Mannigfaltigen hinzukommt, den Begriff der Verbindung      
  07 allererst möglich. Diese Einheit, die a priori vor allen Begriffen der Verbindung      
  08 vorhergeht, ist nicht etwa jene Kategorie der Einheit (§ 10); denn      
  09 alle Kategorien gründen sich auf logische Functionen in Urtheilen, in      
  10 diesen aber ist schon Verbindung, mithin Einheit gegebener Begriffe gedacht.      
  11 Die Kategorie setzt also schon Verbindung voraus. Also müssen      
  12 wir diese Einheit (als qualitative, § 12) noch höher suchen, nämlich in      
  13 demjenigen, was selbst den Grund der Einheit verschiedener Begriffe in      
  14 Urtheilen, mithin der Möglichkeit des Verstandes sogar in seinem logischen      
  15 Gebrauche enthält.      
           
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§ 16.
     
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Von der ursprünglich=synthetischen Einheit der
     
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Apperception.
     
           
  19 Das: Ich denke, muß alle meine Vorstellungen begleiten können;      
  20 denn sonst würde etwas in mir vorgestellt werden, was gar nicht gedacht      
  21 werden könnte, welches eben so viel heißt als: die Vorstellung würde entweder      
  22 unmöglich, oder wenigstens für mich nichts sein. Diejenige Vorstellung,      
  23 die vor allem Denken gegeben sein kann, heißt Anschauung.      
  24 Also hat alles Mannigfaltige der Anschauung eine nothwendige Beziehung      
  25 auf das: Ich denke, in demselben Subject, darin dieses Mannigfaltige      
  26 angetroffen wird. Diese Vorstellung aber ist ein Actus der Spontaneität,      
  27 d. i. sie kann nicht als zur Sinnlichkeit gehörig angesehen werden.      
  28 Ich nenne sie die reine Apperception, um sie von der empirischen      
  29 zu unterscheiden, oder auch die ursprüngliche Apperception, weil sie      
  30 dasjenige Selbstbewußtsein ist, was, in dem es die Vorstellung: Ich denke,      
           
    *) Ob die Vorstellungen selbst identisch sind, und also eine durch die andere analytisch könne gedacht werden, das kommt hier nicht in Betrachtung. Das Bewußtsein der einen ist, so fern vom Mannigfaltigen die Rede ist, vom Bewußtsein der anderen doch immer zu unterscheiden, und auf die Synthesis dieses (möglichen) Bewußtseins kommt es hier allein an.      
           
     

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