Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 109 |
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01 | hervorbringt, die alle andere muß begleiten können und in allem Bewußtsein | ||||||
02 | ein und dasselbe ist, von keiner weiter begleitet werden kann. Ich | ||||||
03 | nenne auch die Einheit derselben die transscendentale Einheit des | ||||||
04 | Selbstbewußtseins, um die Möglichkeit der Erkenntniß a priori aus ihr | ||||||
05 | zu bezeichnen. Denn die mannigfaltigen Vorstellungen, die in einer gewissen | ||||||
06 | Anschauung gegeben werden, würden nicht insgesammt meine | ||||||
07 | Vorstellungen sein, wenn sie nicht insgesammt zu einem Selbstbewußtsein | ||||||
08 | gehörten, d. i. als meine Vorstellungen (ob ich mich ihrer gleich nicht als | ||||||
09 | solcher bewußt bin) müssen sie doch der Bedingung nothwendig gemäß | ||||||
10 | sein, unter der sie allein in einem allgemeinen Selbstbewußtsein zusammenstehen | ||||||
11 | können, weil sie sonst nicht durchgängig mir angehören würden. | ||||||
12 | Aus dieser ursprünglichen Verbindung läßt sich vieles folgern. | ||||||
13 | Nämlich diese durchgängige Identität der Apperception eines in der | ||||||
14 | Anschauung gegebenen Mannigfaltigen enthält eine Synthesis der Vorstellungen | ||||||
15 | und ist nur durch das Bewußtsein dieser Synthesis möglich. | ||||||
16 | Denn das empirische Bewußtsein, welches verschiedene Vorstellungen begleitet, | ||||||
17 | ist an sich zerstreut und ohne Beziehung auf die Identität des | ||||||
18 | Subjects. Diese Beziehung geschieht also dadurch noch nicht, daß ich jede | ||||||
19 | Vorstellung mit Bewußtsein begleite, sondern daß ich eine zu der andern | ||||||
20 | hinzusetze und mir der Synthesis derselben bewußt bin. Also nur dadurch, | ||||||
21 | daß ich ein Mannigfaltiges gegebener Vorstellungen in einem | ||||||
22 | Bewußtsein verbinden kann, ist es möglich, daß ich mir die Identität | ||||||
23 | des Bewußtseins in diesen Vorstellungen selbst vorstelle, d. i. die | ||||||
24 | analytische Einheit der Apperception ist nur unter der Voraussetzung | ||||||
25 | irgend einer synthetischen möglich.*) Der Gedanke: diese in der Anschauung | ||||||
*) Die analytische Einheit des Bewußtseins hängt allen gemeinsamen Begriffen als solchen an; z. B. wenn ich mir roth überhaupt denke, so Stelle ich mir dadurch eine Beschaffenheit vor, die (als Merkmal) irgend woran angetroffen, oder mit anderen Vorstellungen verbunden sein kann; also nur vermöge einer vorausgedachten möglichen synthetischen Einheit kann ich mir die analytische vorstellen. Eine Vorstellung, die als verschiedenen gemein gedacht werden soll, wird als zu solchen gehörig angesehen, die außer ihr noch etwas Verschiedenes an sich haben; folglich muß sie in synthetischer Einheit mit anderen (wenn gleich nur möglichen Vorstellungen) vorher gedacht werden, ehe ich die analytische Einheit des Bewußtseins, welche sie zum conceptus communis macht, an ihr denken kann. Und so ist die synthetische Einheit der Apperception der höchste Punkt, an dem man allen Verstandesgebrauch, selbst die ganze Logik und nach ihr die Transscendental=Philosophie heften muß, ja dieses Vermögen ist der Verstand selbst. | |||||||
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