Kant: AA II, Träume eines Geistersehers, ... , Seite 355 |
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| 01 | sie ihm vorher einen geheimen Auftrag that, der in seine Geistergemeinschaft | ||||||
| 02 | einschlug. Nach einigen Tagen erschien Herr Schwedenberg mit der | ||||||
| 03 | Antwort, welche von der Art war, daß solche die Fürstin ihrem eigenen | ||||||
| 04 | Geständnisse nach in das größte Erstaunen versetzte, indem sie solche wahr | ||||||
| 05 | befand, und ihm gleichwohl solche von keinem lebendigen Menschen konnte | ||||||
| 06 | ertheilt sein. Diese Erzählung ist aus dem Berichte eines Gesandten an | ||||||
| 07 | dem dortigen Hofe, der damals zugegen war, an einen andern fremden | ||||||
| 08 | Gesandten in Kopenhagen gezogen worden, stimmt auch genau mit dem, | ||||||
| 09 | was die besondere Nachfrage darüber hat erkundigen können, zusammen. | ||||||
| 10 | Folgende Erzählungen haben keine andere Gewährleistung als die | ||||||
| 11 | gemeine Sage, deren Beweis sehr mißlich ist. Madame Marteville, die | ||||||
| 12 | Wittwe eines holländischen Envoye an dem schwedischen Hofe, wurde von | ||||||
| 13 | den Angehörigen eines Goldschmiedes um die Bezahlung des Rückstandes | ||||||
| 14 | für ein verfertigtes Silberservice gemahnt. Die Dame, welche die regelmäßige | ||||||
| 15 | Wirtschaft ihres verstorbenen Gemahls kannte, war überzeugt, | ||||||
| 16 | daß diese Schuld schon bei seinem Leben abgemacht sein müßte; allein sie | ||||||
| 17 | fand in seinen hinterlassenen Papieren gar keinen Beweis. Das Frauenzimmer | ||||||
| 18 | ist vorzüglich geneigt den Erzählungen der Wahrsagerei, der | ||||||
| 19 | Traumdeutung und allerlei anderer wunderbarer Dinge Glauben beizumessen. | ||||||
| 20 | Sie entdeckte daher ihr Anliegen dem Herrn Schwedenberg mit | ||||||
| 21 | dem Ersuchen, wenn es wahr wäre, was man von ihm sagte, daß er mit | ||||||
| 22 | abgeschiedenen Seelen im Umgange stehe, ihr aus der andern Welt von | ||||||
| 23 | ihrem verstorbenen Gemahl Nachricht zu verschaffen, wie es mit der gedachten | ||||||
| 24 | Anforderung bewandt sei. Herr Schwedenberg versprach solches zu thun | ||||||
| 25 | und stellte der Dame nach wenig Tagen in ihrem Hause den Bericht ab, | ||||||
| 26 | daß er die verlangte Kundschaft eingezogen habe, daß in einem Schrank, | ||||||
| 27 | den er anzeigte und der ihrer Meinung nach völlig ausgeräumt war, sich | ||||||
| 28 | noch ein verborgenes Fach befinde, welches die erforderliche Quittungen | ||||||
| 29 | enthielte.Man suchte sofort seiner Beschreibung zufolge und fand nebst | ||||||
| 30 | der geheimen holländischen Correspondence die Quittungen, wodurch alle | ||||||
| 31 | gemachte Ansprüche völlig getilgt wurden. | ||||||
| 32 | Die dritte Geschichte ist von der Art, daß sich sehr leicht ein vollständiger | ||||||
| 33 | Beweis ihrer Richtigkeit oder Unrichtigkeit muß geben lassen. Es | ||||||
| 34 | war, wo ich recht berichtet bin, gegen das Ende des 1759ten Jahres, als | ||||||
| 35 | Herr Schwedenberg, aus England kommend, an einem Nachmittage zu | ||||||
| 36 | Gothenburg ans Land trat. Er wurde denselben Abend zu einer Gesellschaft | ||||||
| 37 | bei einem dortigen Kaufmann gezogen und gab ihr nach einigem | ||||||
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