Kant: AA II, Träume eines Geistersehers, ... , Seite 348 |
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01 | herzunehmen, den die Erfahrung uns darbietet, als sich in schwindlichten | ||||||
02 | Begriffen einer halb dichtenden, halb schließenden Vernunft zu verlieren, | ||||||
03 | so äußert sich noch dazu auf dieser Seite einiger Anlaß zum Gespötte, | ||||||
04 | welches, es mag nun gegründet sein oder nicht, ein kräftigeres Mittel ist | ||||||
05 | als irgend ein anderes, eitele Nachforschungen zurückzuhalten. Denn auf | ||||||
06 | eine ernsthafte Art über die Hirngespenster der Phantasten Auslegungen | ||||||
07 | machen zu wollen, giebt schon eine schlimme Vermuthung, und die Philosophie | ||||||
08 | setzt sich in Verdacht, welche sich in so schlechter Gesellschaft betreffen | ||||||
09 | läßt. Zwar habe ich oben den Wahnsinn in dergleichen Erscheinung nicht | ||||||
10 | bestritten, vielmehr ihn, zwar nicht als die Ursache einer eingebildeten | ||||||
11 | Geistergemeinschaft, doch als eine natürliche Folge derselben damit verknüpft; | ||||||
12 | allein was für eine Thorheit giebt es doch, die nicht mit einer | ||||||
13 | bodenlosen Weltweisheit könnte in Einstimmung gebracht werden? Daher | ||||||
14 | verdenke ich es dem Leser keinesweges, wenn er, anstatt die Geisterseher | ||||||
15 | für Halbbürger der andern Welt anzusehen, sie kurz und gut als | ||||||
16 | Candidaten des Hospitals abfertigt und sich dadurch alles weiteren Nachforschens | ||||||
17 | überhebt. Wenn nun aber alles auf solchen Fuß genommen | ||||||
18 | wird, so muß auch die Art dergleichen Adepten des Geisterreichs zu behandeln | ||||||
19 | von derjenigen nach den obigen Begriffen sehr verschieden sein, | ||||||
20 | und da man es sonst nöthig fand, bisweilen einige derselben zu brennen, | ||||||
21 | so wird es jetzt gnug sein, sie nur zu purgiren. Auch wäre es bei dieser | ||||||
22 | Lage der Sachen eben nicht nöthig gewesen, so weit auszuholen und in | ||||||
23 | dem fieberhaften Gehirne betrogener Schwärmer durch Hülfe der Metaphysik | ||||||
24 | Geheimnisse aufzusuchen. Der scharfsichtige Hudibras hätte uns | ||||||
25 | allein das Räthsel auflösen können, denn nach seiner Meinung: wenn | ||||||
26 | ein hypochondrischer Wind in den Eingeweiden tobt, so kommt | ||||||
27 | es darauf an, welche Richtung er nimmt, geht er abwärts, so | ||||||
28 | wird daraus ein F-, steigt er aber aufwärts, so ist es eine | ||||||
29 | Erscheinung oder eine heilige Eingebung. | ||||||
30 | Viertes Hauptstück. |
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31 | Theoretischer Schluß aus den gesammten Betrachtungen |
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32 | des ersten Theils. |
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33 | Die Trüglichkeit einer Wage, die nach bürgerlichen Gesetzen ein Ma | ||||||
34 | der Handlung sein soll, wird entdeckt, wenn man Waare und Gewichte | ||||||
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