Kant: AA II, Träume eines Geistersehers, ... , Seite 326 |
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| 01 | Mittelpunkte ihres Gewebes. Die Nerven des Gehirnes stoßen oder erschüttern | ||||||
| 02 | sie, dadurch verursachen sie aber, daß nicht dieser unmittelbare | ||||||
| 03 | Eindruck, sondern der, so auf ganz entlegene Theile des Körpers geschieht, | ||||||
| 04 | jedoch als ein außerhalb dem Gehirne gegenwärtiges Object vorgestellt | ||||||
| 05 | wird. Aus diesem Sitze bewegt sie auch die Seile und Hebel der ganzen | ||||||
| 06 | Maschine und verursacht willkürliche Bewegungen nach ihrem Belieben. | ||||||
| 07 | Dergleichen Sätze lassen sich nur sehr seichte, oder gar nicht beweisen und, | ||||||
| 08 | weil die Natur der Seele im Grunde nicht bekannt gnug ist, auch nur | ||||||
| 09 | eben so schwach widerlegen. Ich würde also mich in keine Schulgezänke | ||||||
| 10 | einlassen, wo gemeiniglich beide Theile alsdann am meisten zu sagen haben, | ||||||
| 11 | wenn sie von ihrem Gegenstande gar nichts verstehen; sondern ich | ||||||
| 12 | würde lediglich den Folgerungen nachgehen, auf die mich eine Lehre von | ||||||
| 13 | dieser Art leiten kann. Weil also nach den mir angepriesenen Sätzen | ||||||
| 14 | meine Seele, in der Art wie sie im Raume gegenwärtig ist, von jedem | ||||||
| 15 | Element der Materie nicht unterschieden wäre, und die Verstandeskraft | ||||||
| 16 | eine innere Eigenschaft ist, welche ich in diesen Elementen doch nicht wahrnehmen | ||||||
| 17 | könnte, wenn gleich selbige in ihnen allen angetroffen würde, so | ||||||
| 18 | könnte kein tauglicher Grund angeführt werden, weswegen nicht meine | ||||||
| 19 | Seele eine von den Substanzen sei, welche die Materie ausmachen, und | ||||||
| 20 | warum nicht ihre besondere Erscheinungen lediglich von dem Orte herrühren | ||||||
| 21 | sollten, den sie in einer künstlichen Maschine, wie der thierische Körper | ||||||
| 22 | ist, einnimmt, wo die Nervenvereinigung der inneren Fähigkeit des | ||||||
| 23 | Denkens und der Willkür zu statten kommt. Alsdann aber würde man | ||||||
| 24 | kein eigenthümliches Merkmal der Seele mehr mit Sicherheit erkennen, | ||||||
| 25 | welches sie von dem rohen Grundstoffe der körperlichen Naturen unterschiede, | ||||||
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