Kant: AA II, Der einzig mögliche ... , Seite 089

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 begnüge mich blos, den Beweisgrund vollständig zu machen. Meine Absicht      
  02 ist nicht eine förmliche Demonstration darzulegen.      
           
  03
2.
     
  04
Es ist ein Gott.
     
           
  05 Es existirt etwas schlechterdings nothwendig. Dieses ist einig in      
  06 seinem Wesen, einfach in seiner Substanz, ein Geist nach seiner Natur,      
  07 ewig in seiner Dauer, unveränderlich in seiner Beschaffenheit, allgenugsam      
  08 in Ansehung alles Möglichen und Wirklichen. Es ist ein Gott. Ich      
  09 gebe hier keine bestimmte Erklärung von dem Begriffe von Gott. Ich      
  10 müßte dieses thun, wenn ich meinen Gegenstand systematisch betrachten      
  11 wollte. Was ich hier darlege, soll die Analyse sein, dadurch man sich zur      
  12 förmlichen Lehrverfassung tüchtig machen kann. Die Erklärung des Begriffs      
  13 der Gottheit mag indessen angeordnet werden, wie man es für gut      
  14 findet, so bin ich doch gewiß, daß dasjenige Wesen, dessen Dasein wir nur      
  15 eben bewiesen haben, eben dasjenige göttliche Wesen sei, dessen Unterscheidungszeichen      
  16 man auf eine oder die andere Art in die kürzeste Benennung      
  17 bringen wird.      
           
  18
3.
     
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Anmerkung.
     
           
  20 Weil aus der dritten Betrachtung nichts mehr erhellt, als daß alle      
  21 Realität entweder in dem nothwendigen Wesen als eine Bestimmung oder      
  22 durch dasselbe als einen Grund müsse gegeben sein, so würde bis dahin      
  23 unentschieden bleiben, ob die Eigenschaften des Verstandes und Willens      
  24 in dem obersten Wesen als ihm beiwohnende Bestimmungen anzutreffen      
  25 seien, oder blos durch dasselbe an anderen Dingen als Folgen anzusehen      
  26 wären. Wäre das letztere, so würde unerachtet aller Vorzüge, die von      
  27 diesem Urwesen aus der Zulänglichkeit, Einheit und Unabhängigkeit seines      
  28 Daseins als eines großen Grundes in die Augen leuchten, doch seine Natur      
  29 derjenigen weit nachstehen, die man sich denken muß, wenn man einen      
  30 Gott denkt. Denn selber ohne Erkenntniß und Entschließung würde es ein      
  31 blindlings nothwendiger Grund anderer Dinge und sogar anderer Geister      
  32 sein und sich von dem ewigen Schicksale einiger Alten in nichts unterscheiden,      
  33 als daß es begreiflicher beschrieben wäre. Dies ist die Ursache,      
  34 weswegen in jeglicher Lehrverfassung auf diesen Umstand besonders gesehen      
           
     

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