Kant: AA II, Der einzig mögliche ... , Seite 087 |
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01 | Demnach beruht die Möglichkeit aller andern Dinge in Ansehung | ||||||
02 | dessen, was in ihnen real ist, auf dem nothwendigen Wesen als einem | ||||||
03 | Realgrunde, die Mängel aber darauf, weil es andere Dinge und nicht das | ||||||
04 | Urwesen selber sind, als einem logischen Grunde. Die Möglichkeit des | ||||||
05 | Körpers, in so fern er Ausdehnung, Kräfte u.d.g. hat, ist in dem obersten | ||||||
06 | aller Wesen gegründet; in so fern ihm die Kraft zu denken gebricht, so liegt | ||||||
07 | diese Verneinung in ihm selbst nach dem Satz des Widerspruchs. | ||||||
08 | In der That sind Verneinungen an sich selbst nicht Etwas, oder denklich, | ||||||
09 | welches man sich leichtlich auf folgende Art faßlich machen kann. Setzet | ||||||
10 | nichts als Negationen, so ist gar nichts gegeben und kein Etwas, das zu | ||||||
11 | denken wäre. Verneinungen sind also nur durch die entgegengesetzte | ||||||
12 | Positionen denklich, oder vielmehr, es sind Positionen möglich, die nicht | ||||||
13 | die größte sind. Und hierin liegen schon nach dem Satze der Identität die | ||||||
14 | Verneinungen selber. Es fällt auch leicht in die Augen, daß alle den | ||||||
15 | Möglichkeiten anderer Dinge beiwohnende Verneinungen keinen Realgrund | ||||||
16 | (weil sie nichts Positives sind), mithin lediglich einen logischen | ||||||
17 | Grund voraussetzen. | ||||||
18 | Vierte Betrachtung. |
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19 | Beweisgrund zu einer Demonstration des Daseins Gottes. |
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20 | 1. |
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21 | Das nothwendige Wesen ist ein Geist. |
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22 | Es ist oben bewiesen, daß das nothwendige Wesen eine einfache Substanz | ||||||
23 | sei, imgleichen daß nicht allein alle andere Realität durch dasselbe | ||||||
24 | als einen Grund gegeben sei, sondern auch die größt mögliche, die in einem | ||||||
25 | Wesen als Bestimmung kann enthalten sein, ihm beiwohne. Nun können | ||||||
26 | verschiedene Beweise geführt werden, daß hiezu auch die Eigenschaften des | ||||||
27 | Verstandes und Willens gehören. Denn erstlich, beides ist wahre Realität, | ||||||
28 | und beides kann mit der größt möglichen in einem Dinge beisammen bestehn, | ||||||
29 | welches letztere man durch ein unmittelbares Urtheil des Verstandes | ||||||
30 | einzuräumen sich gedrungen sieht, ob es zwar nicht füglich zu derjenigen | ||||||
31 | Deutlichkeit gebracht werden kann, welche logisch vollkommene Beweise | ||||||
32 | erfordern. | ||||||
33 | Zweitens sind die Eigenschaften eines Geistes, Verstand und Willen, | ||||||
34 | von der Art, daß wir uns keine Realität denken können, die in Ermangelung | ||||||
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