Kant: AA II, Der einzig mögliche ... , Seite 084

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 und ist demnach nicht schlechterdings nothwendig. Mithin können      
  02 nicht mehrere Dinge absolut nothwendig sein.      
           
  03 Setzet, A sei ein nothwendiges Wesen und B ein anderes. So ist vermöge      
  04 der Erklärung B nur in so fern möglich, als es durch einen andern      
  05 Grund A als die Folge desselben gegeben ist. Weil aber vermöge der      
  06 Voraussetzung B selber nothwendig ist, so ist seine Möglichkeit in ihm als      
  07 ein Prädicat und nicht als eine Folge aus einem andern und doch nur als      
  08 eine Folge laut dem vorigen gegeben, welches sich widerspricht.      
           
  09
4.
     
  10
Das nothwendige Wesen ist einfach.
     
           
  11 Daß kein Zusammengesetztes aus viel Substanzen ein schlechterdings      
  12 nothwendiges Wesen sein könne, erhellt auf folgende Art. Setzet, es sei      
  13 nur eins seiner Theile schlechterdings nothwendig, so sind die andern nur      
  14 insgesammt als Folgen durch ihn möglich und gehören nicht zu ihm als      
  15 Nebentheile. Gedenket euch, es wären mehrere oder alle nothwendig, so      
  16 widerspricht dieses der vorigen Nummer. Es bleibt demnach nichts übrig,      
  17 als sie müssen ein jedes besonders zufällig, alle aber zusammen schlechterdings      
  18 nothwendig existiren. Nun ist dieses aber unmöglich, weil ein      
  19 Aggregat von Substanzen nicht mehr Nothwendigkeit im Dasein haben      
  20 kann, als den Theilen zukommt, und da diesen gar keine zukommt, sondern      
  21 ihre Existenz zufällig ist, so würde auch die des Ganzen zufällig sein.      
  22 Wenn man gedächte, sich auf die Erklärung des nothwendigen Wesens berufen      
  23 zu können, so daß man sagte, in jeglichem der Theile wären die      
  24 letzten Data einiger innern Möglichkeit, in allen zusammen alles Mögliche      
  25 gegeben, so würde man etwas ganz Ungereimtes nur auf eine verborgene      
  26 Art vorgestellt haben. Denn wenn man sich alsdann die innere Möglichkeit      
  27 so gedenkt, daß einige können aufgehoben werden, doch so, daß übrigens,      
  28 was durch die andere Theile noch Denkliches gegeben worden, bliebe, so      
  29 müßte man sich vorstellen, es sei an sich möglich, daß die innere Möglichkeit      
  30 verneint oder aufgehoben werde. Es ist aber gänzlich undenklich und      
  31 widersprechend, daß etwas nichts sei, und dieses will so viel sagen: eine      
  32 innere Möglichkeit aufheben, ist alles Denkliche vertilgen, woraus erhellt,      
  33 daß die Data zu jedem Denklichen in demjenigen Dinge müssen gegeben      
  34 sein, dessen Aufhebung auch das Gegentheil aller Möglichkeit ist, daß also,      
  35 was den letzten Grund von einer innern Möglichkeit enthält, ihn auch von      
           
     

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