Kant: AA II, Der einzig mögliche ... , Seite 082

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 was schlechthin oder absolute durch sein Dasein gesetzt wurde. Die      
  02 logische Beziehungen zwischen dem Dinge als einem Möglichen und seinen      
  03 Prädicaten bleiben gleichwohl. Allein diese sind ganz was anders, als die      
  04 Position des Dinges zusammt seinen Prädicaten schlechthin, als worin das      
  05 Dasein besteht. Demnach wird nicht eben dasselbe, was in dem Dinge      
  06 gesetzt wird, sondern was anders durch das Nichtsein aufgehoben, und ist      
  07 demnach hierin niemals ein Widerspruch. In der letztern Betrachtung      
  08 dieses Werks wird alles dieses in dem Falle, da man die absolutnothwendige      
  09 Existenz wirklich vermeint hat durch den Satz des Widerspruchs      
  10 zu begreifen, durch eine klare Entwickelung dieser Untauglichkeit überzeugender      
  11 gemacht werden. Man kann indessen die Nothwendigkeit in den      
  12 Prädicaten blos möglicher Begriffe die logische Nothwendigkeit nennen.      
  13 Allein diejenige, deren Hauptgrund ich aufsuche, nämlich die des Daseins,      
  14 ist die absolute Realnothwendigkeit. Ich finde zuerst: daß, was ich schlechterdings      
  15 als nichts und unmöglich ansehen soll, das müsse alles Denkliche      
  16 vertilgen. Denn bliebe dabei noch etwas zu denken übrig, so wäre es nicht      
  17 gänzlich undenklich und schlechthin unmöglich.      
           
  18 Wenn ich nun einen Augenblick nachdenke, weswegen dasjenige, was      
  19 sich widerspricht, schlechterdings nichts und unmöglich sei, so bemerke ich:      
  20 daß, weil dadurch der Satz des Widerspruchs, der letzte logische Grund      
  21 alles Denklichen, aufgehoben wird, alle Möglichkeit verschwinde, und nichts      
  22 dabei mehr zu denken sei. Ich nehme daraus alsbald ab, daß, wenn ich      
  23 alles Dasein überhaupt aufhebe, und hiedurch der letzte Realgrund alles      
  24 Denklichen wegfällt, gleichfalls alle Möglichkeit verschwindet, und nichts      
  25 mehr zu denken bleibt. Demnach kann etwas schlechterdings nothwendig      
  26 sein, entweder wenn durch sein Gegentheil das Formale alles Denklichen      
  27 aufgehoben wird, das ist, wenn es sich selbst widerspricht, oder auch wenn      
  28 sein Nichtsein das Materiale zu allem Denklichen und alle Data dazu aufhebt.      
  29 Das erste findet, wie gesagt, niemals beim Dasein statt, und weil      
  30 kein drittes möglich ist, so ist entweder der Begriff von der schlechterdings      
  31 nothwendigen Existenz gar ein täuschender und falscher Begriff, oder er      
  32 muß darin beruhen, daß das Nichtsein eines Dinges zugleich die Verneinung      
  33 von den Datis zu allem Denklichen sei. Daß aber dieser Begriff      
  34 nicht erdichtet, sondern etwas Wahrhaftes sei, erhellt auf folgende Art.      
           
           
     

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