Kant: AA II, Der einzig mögliche ... , Seite 065

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01

Vorrede.

     
           
  02 Ne mea dona tibi studio disposta fideli,      
  03 Intellecta prius quam sint, contempta relinquas.      
  04 LUCRETIUS.      
           
  05 Ich habe keine so hohe Meinung von dem Nutzen einer Bemühung,      
  06 wie die gegenwärtige ist, als wenn die wichtigste aller unserer Erkenntnisse:      
  07 Es ist ein Gott, ohne Beihülfe tiefer metaphysischer Untersuchungen wanke      
  08 und in Gefahr sei. Die Vorsehung hat nicht gewollt, daß unsre zur Glückseligkeit      
  09 höchstnöthige Einsichten auf der Spitzfindigkeit feiner Schlüsse beruhen      
  10 sollten, sondern sie dem natürlichen gemeinen Verstande unmittelbar      
  11 überliefert, der, wenn man ihn nicht durch falsche Kunst verwirrt, nicht      
  12 ermangelt uns gerade zum Wahren und Nützlichen zu führen, in so fern      
  13 wir desselben äußerst bedürftig sind. Daher derjenige Gebrauch der gesunden      
  14 Vernunft, der selbst noch innerhalb den Schranken gemeiner Einsichten      
  15 ist, genugsam überführende Beweistümer von dem Dasein und den      
  16 Eigenschaften dieses Wesens an die Hand giebt, obgleich der subtile Forscher      
  17 allerwärts die Demonstration und die Abgemessenheit genau bestimmter      
  18 Begriffe oder regelmäßig verknüpfter Vernunftschlüsse vermißt.      
  19 Gleichwohl kann man sich nicht entbrechen diese Demonstration zu suchen,      
  20 ob sie sich nicht irgendwo darböte. Denn ohne der billigen Begierde zu      
  21 erwähnen, deren ein der Nachforschung gewohnter Verstand sich nicht entschlagen      
  22 kann, in einer so wichtigen Erkenntniß etwas Vollständiges und      
  23 deutlich Begriffenes zu erreichen, so ist noch zu hoffen, daß eine dergleichen      
  24 Einsicht, wenn man ihrer mächtig geworden, viel mehreres in diesem      
  25 Gegenstande aufklären könnte. Zu diesem Zwecke aber zu gelangen mu      
           
     

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