Kant: AA II, Die falsche Spitzfindigkeit der ... , Seite 047 |
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Text (Kant):
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| 01 | § 1. |
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| 02 | Allgemeiner Begriff von der Natur der Vernunftschlüsse. |
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| 03 | Etwas als ein Merkmal mit einem Dinge vergleichen heißt urtheilen. | ||||||
| 04 | Das Ding selber ist das Subject, das Merkmal das Prädicat. Die Vergleichung | ||||||
| 05 | wird durch das Verbindungszeichen ist oder sind ausgedrückt, | ||||||
| 06 | welches, wenn es schlechthin gebraucht wird, das Prädicat als ein Merkmal | ||||||
| 07 | des Subjects bezeichnet, ist es aber mit dem Zeichen der Verneinung | ||||||
| 08 | behaftet, das Prädicat als ein dem Subject entgegen gesetztes Merkmal zu | ||||||
| 09 | erkennen giebt. In dem erstern Fall ist das Urtheil bejahend, im andern | ||||||
| 10 | verneinend. Man versteht leicht, daß, wenn man das Prädicat ein Merkmal | ||||||
| 11 | nennt, dadurch nicht gesagt werde, daß es ein Merkmal des Subjects | ||||||
| 12 | sei; denn dieses ist nur in bejahenden Urtheilen also; sondern daß es als | ||||||
| 13 | ein Merkmal von irgend einem Dinge angesehen werde, ob es gleich in | ||||||
| 14 | einem verneinenden Urtheile dem Subjecte desselben widerspricht. So ist | ||||||
| 15 | ein Geist das Ding, das ich gedenke; zusammengesetzt ein Merkmal | ||||||
| 16 | von irgend etwas; das Urtheil: ein Geist ist nicht zusammengesetzt, | ||||||
| 17 | stellt dieses Merkmal als widerstreitend dem Dinge selber vor. | ||||||
| 18 | Was ein Merkmal von dem Merkmale eines Dinges ist, das nennt | ||||||
| 19 | man ein mittelbares Merkmal desselben. So ist nothwendig ein | ||||||
| 20 | unmittelbares Merkmal Gottes, unveränderlich aber ein Merkmal des | ||||||
| 21 | Nothwendigen und ein mittelbares Merkmal Gottes. Man sieht leicht: | ||||||
| 22 | daß das unmittelbare Merkmal zwischen dem entfernten und der Sache | ||||||
| 23 | selbst die Stelle eines Zwischenmerkmals ( nota intermedia ) vertrete, | ||||||
| 24 | weil nur durch dasselbe das entfernte Merkmal mit der Sache selbst verglichen | ||||||
| 25 | wird. Man kann aber auch ein Merkmal mit einer Sache durch | ||||||
| 26 | ein Zwischenmerkmal verneinend vergleichen, dadurch daß man erkennt, | ||||||
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