Kant: AA I, Allgemeine Naturgeschichte und ... , Seite 275 |
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| 01 | Sphäre seiner Bildung verlieren und dadurch ungleich kleiner werden, | ||||||
| 02 | als das Verhältniß seines Abstandes von der Sonne allein es erheischt. | ||||||
| 03 | Obgleich also im Ganzen die Planeten von größerer Masse sind, nachdem | ||||||
| 04 | sie weiter von der Sonne entfernt sind, wie denn überhaupt | ||||||
| 05 | Saturn und Jupiter, als die zwei Hauptstücke unseres Systems, | ||||||
| 06 | darum die größten sind, weil sie von der Sonne am weitesten entfernt | ||||||
| 07 | sind, so finden sich dennoch Abweichungen von dieser Analogie, in | ||||||
| 08 | denen aber jederzeit das Merkmal der allgemeinen Bildung hervorleuchtet, | ||||||
| 09 | die wir von den Himmelskörpern behaupten: daß nämlich ein | ||||||
| 10 | Planet von ausnehmender Größe die nächsten von beiden Seiten der | ||||||
| 11 | ihnen wegen ihrer Sonnenweite gebührenden Masse beraubt, indem er | ||||||
| 12 | einen Theil der Materien sich zueignet, die zu jener ihrer Bildung | ||||||
| 13 | kommen sollten. In der That hat Mars, der vermöge seines Ortes | ||||||
| 14 | größer als die Erde sein sollte, durch die Anziehungskraft des ihm | ||||||
| 15 | nahen so großen Jupiters an seiner Masse eingebüßt; und Saturn | ||||||
| 16 | selber, ob er gleich durch seine Höhe einen Vorzug über den Mars | ||||||
| 17 | hat, ist dennoch nicht gänzlich befreiet gewesen, durch Jupiters Anziehung | ||||||
| 18 | eine beträchtliche Einbuße zu erleiden, und mich dünkt, Mercur | ||||||
| 19 | habe die ausnehmende Kleinigkeit seiner Masse nicht allein der Anziehung | ||||||
| 20 | der ihm so nahen mächtigen Sonne, sondern auch der Nachbarschaft | ||||||
| 21 | der Venus zu verdanken, welche, wenn man ihre muthmaßliche | ||||||
| 22 | Dichtigkeit mit ihrer Größe vergleicht, ein Planet von beträchtlicher | ||||||
| 23 | Masse sein muß. | ||||||
| 24 | Indem nun alles so vortrefflich, als man es nur wünschen mag, | ||||||
| 25 | zusammenstimmt, die Zulänglichkeit einer mechanischen Lehrverfassung | ||||||
| 26 | bei dem Ursprunge des Weltbaues und der Himmelskörper zu bestätigen: | ||||||
| 27 | so wollen wir, indem wir den Raum schätzen, darin der | ||||||
| 28 | Grundstoff der Planeten vor ihrer Bildung ausgebreitet gewesen, | ||||||
| 29 | erwägen, in welchem Grade der Dünnigkeit dieser Mittelraum damals | ||||||
| 30 | erfüllt gewesen, und mit was für Freiheit, oder wie wenigen Hindernissen | ||||||
| 31 | die herumschwebenden Partikeln ihre gesetzmäßige Bewegungen | ||||||
| 32 | darin haben anstellen können. Wenn der Raum, der alle Materie der | ||||||
| 33 | Planeten in sich begriff, in demjenigen Theile der Saturnischen Sphäre | ||||||
| 34 | enthalten war, der von dem Mittelpunkte der Sonne aus zwischen zwei | ||||||
| 35 | um 7 Grade weit in allen Höhen von einander abstehenden Flächen | ||||||
| 36 | begriffen und daher der siebenzehnte Theil der ganzen Sphäre war, | ||||||
| 37 | die man mit dem Radius der Höhe des Saturns beschreiben kann: so | ||||||
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