Kant: Briefwechsel, Brief 75, Von Iohann Friedrich Riesemann.

     
           
 

 

 

 

 

 
  Von Iohann Friedrich Riesemann.      
           
  27. Mai 1773.      
           
  HochEdelgebohrner, Hochgelahrter      
           
  Herr Professor,      
  Hochgeehrtester Herr,      
           
  Kaum errinnern Ew. HochEdelgeb. Sich noch eines Namens, den      
  Sie in den letzt verstrichenen eilf Iahren vieleicht nur ein eintziges      
  Mahl nennen gehört haben. Dennoch stand er glüklicher Weise ehedem      
  unter der Zahl Ihrer Zuhörer und stets wird mir iener Zeit=Punkt      
  schätzbar bleiben, in welchem ich nicht nur durch Ew. HochEdelgeb.      
  gütigen Unterricht die ersten Züge in den erhabensten Wissenschafften      
  gethan, sondern auch Ihres täglichen eben so lehrreichen, als angenehmen      
  Umganges genossen.      
           
  Indem ich dieses in der That aufrichtige Bekenntnis ablege, so      
  erlauben Ew. HochEdelgeb. daß ich einigen iungen Ukränern, dreien      
  Herren von Tumansky, einen HE. von Kulabka und Ihrem würdigen      
  Führer, dem HE. Belaffsky, welche sich 3 Iahre auf dem hiesigen      
  Gymnasio aufgehalten und sich so wohl in Absicht Ihres bezeigten      
  Fleisses, als Ihres sittl[ichen] Betragens, Beifall erworben haben, die      
  Gelegenheit öffne, einem Manne bekannt zu werden, dem Sie bereits      
  Ihre Verehrung gantz gewidmet haben. Sie sind aus angesehenen      
  Familien und Ihre Eltern und Verwandte verwalten ansehnliche Bedienungen      
  im Reiche. Schenken Ew. HochEdelgeb. diesen iungen      
  Herren Ihre Zuneigung und Sie werden nie eine Reue hierüber      
  empfinden. Besonders erbitten sie sich Ihren gütigen Rath bei der      
  zu treffenden ersten Einrichtung ihrer Studien. Ist es Ew. HochEdelgeb.      
  im übrigen nicht gleichgültig etwas von meinem dermahligen      
  Zustande zu wissen, so habe ich die Ehre Denenselben zu eröffnen,      
  daß ich Sekretär eines der hiesigen Kayserl. Landes=Gerichte, seit      
  6 Iahren der zufriedenste Ehe=Mann, der glüklichste Vater und im      
  gantzen Betracht der glüklichste Erden=Sohn bin.      
           
  Finden Ew. HochEdelgeb. mich geschikt Denenselben einige Dienste      
  leisten zu können, so wird iede Auffoderung für mich ein schätzbares      
           
  Geschenk seyn. ich bin mir zur Ehre mit der vollkommensten Hochschätzung      
  und Ergebenheit      
           
    Ew. HochEdelgeb.      
  Revall am 27 sten Mai. gehorsahmster Diener.      
  1773. Johann Friederich Riesemann.      
           
           
           
     

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