Kant: Briefwechsel, Brief 69, Von Charlotte Amalie v. Klingspor, geb. v. Knobloch? |
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Von Charlotte Amalie v. Klingspor, geb. v. Knobloch? | |||||||
[Drengfurt 1772.] | |||||||
Hochedelgeborner Hochgelahrter HErr! | |||||||
Insonders Hochzuehrender HErr Professor! | |||||||
werther Freund! | |||||||
Eine Lange Abwesenheit läst Bei denen möresten Menschen die | |||||||
Freundschaft erkalten; und was noch übeler ist gänzlich verlieren. | |||||||
Dieser Fehler aber kann nicht, Bei einem Philosophen; bei einem | |||||||
Mann! der das Menschliche Geschlecht vorzüglich lieben soll: stad | |||||||
finden. Von dieser Warheit überzeigt: so wie von der angenehmen | |||||||
gewißheit geschmeychelt, das Sie mein Freund sind: so wie Sie es | |||||||
ehe mahls waren schreib ich an Sie. werden Sie den inhalt meines | |||||||
Briefes, auch gerne Lesen, und deßen Erfüllung sich angelegen sein | |||||||
laßen? | |||||||
Ach ja! ich zweyfele nicht, in der Philosophie ist alles warheit; und | |||||||
in einem Philosophen lauterer Glaube . . . . Ist mir Ihre Gütige | |||||||
Anweisung nicht schon nützlich gewesen. Gedenken Sie, es sich noch, | |||||||
werther Freund! das Sie mich vor Langer Zeit, Erinnerungen an | |||||||
einer Freundin v. Kleist schickten, da Sie die Gütige Absicht haten. | |||||||
ein Iunges Frauenzimmer, durch angenehmen Unterhalt zu Bilden. | |||||||
Und Ihre Absicht wo nicht volkommen: so doch durch die Bemühung | |||||||
erreichten, das zu werden was ich noch Wünsche zu sein. Noch jetz | |||||||
mit Danck, dencke ich an diesen schönen Inhalt. Und dieser hat mich | |||||||
mit durch die Zeit, da hin gebracht, daß ich gegenwertig als Mutter | |||||||
dencke wünsche und Bittent an Sie schreibe: | |||||||
Sie sehen mich nun in ein ander Verhältnis als ehe mahls. | |||||||
Mein Gut wie Sie wiesen Bestehet in einen Lieben Mann! und | |||||||
meine Schätze in 4 Kinder, wo von der älteste ein Sohn von | |||||||
7 Iahr ist. | |||||||
Sein gröstes Bedürfnis Bestehet in einem Vernümftigen Hoffmeister. | |||||||
Und diesen erwarthe ich von Ihrer Wahl. mein Sohn hat schon einen | |||||||
Hoffmeister ein Iahr gehabt, und ist nicht ganz un vießent, sein Fleis | |||||||
hat auch Binnen dem Iahr gnug gethan; Er Bedarf aber mehr wie | |||||||
einen Blosen Schulunterricht, welcher sich nicht um die Kentnis, des | |||||||
genigen Bekimmert, den man Unterrichtet. | |||||||
Ich werde so frey sein Ihnen meinen Sohn in der Art zu | |||||||
schilderen wie er ist. | |||||||
Er ist aus nehmend Munter, auch wohl Wild Besiezet alle Fäigkeiten, | |||||||
die ein Kind nur Besiezen kann. Er hat ein gutes Herz ohne | |||||||
alle Bosheit, oder Eigen sinn Er suchet aber durch vielfeltige Mittel | |||||||
und schmeycheley zu seinem Zweg zu kommen Erforschet gerne deng[e]nigen | |||||||
der mit Ihm zu Thuen hat, um seine Absichten darnach einzurichten. | |||||||
Die Nachamungen sind gerne sein Werck. Dahero erfordert er | |||||||
einen Hoffmeister der klug gnug ist Bei allen Gelegenheiten, ihm zu | |||||||
erforschen. Und den nötigen Gebrauch von seinen Natur Gaben zu | |||||||
machen weis. Da mit er die Hochachtung bei der Liebe für seinen | |||||||
Hoffmeister behält. Es soll mir einerley sein Ob der Mann den Sie | |||||||
mir wällen, ein Theologe, oder, ein Iurist ist. Nur kein Gottes | |||||||
leicher mus er sein. Wenn er Französch kann so wird es mir sehr | |||||||
lieb sein. Der Ort in dem ich bin ist für die Erziehung die ich | |||||||
meinen Kinderen gerne geben möchte zu eingeschrenck. Darum Bitte | |||||||
Ihnen Bei aller Freundschaft: die Sie für mich haben mir den | |||||||
Besten Hoffmeister zu besorgen den Sie kennen. Ich dencke mit zu | |||||||
vieler zärtlichkeit an der Wolfart meines Sohnes, um Ihnen als | |||||||
meinem Freund nicht zum Theil nehmer in dieser Sache die seine | |||||||
Glückseligkeit aus macht auf zu foderen. | |||||||
Diese soll allein der Wucher meines Lebens, und die Ruhe meiner Tage | |||||||
ausmachen | |||||||
[ abgedruckt in : AA X, Seite 127 ] [ Brief 68 ] [ Brief 70 ] [ Gesamtverzeichnis des Briefwechsels ] |