Kant: Briefwechsel, Brief 323, Von Christian Schirmacher. |
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Von Christian Schirmacher. | |||||||
16. März 1788. | |||||||
Wohlgebohrner Herr | |||||||
Insonders Hochzuehrender Herr Professor, | |||||||
Der Ueberbringer dieses der junge Graf Dohna zu Schlobitten | |||||||
und noch mehr sein Herr Vater verlangen und befehlen daß ich ein | |||||||
Schreiben an Herrn Professor Kant mitgeben soll weil ich mich oft | |||||||
des Glückes gerühmt denselben als meinen Lehrer zu kennen auch wohl | |||||||
gar etwas von ihm gekannt zu seyn. Als Emphelung oder auch nur | |||||||
als Adreß: dazu müsten die Herren Grafen zu stolz und ich zu bescheiden | |||||||
seyn. Und weil ich wirklich so demüthig bin so sucht ich es | |||||||
zu verbitten, bis ich sah daß es nur eine kleine Gelegenheit oder vielmehr | |||||||
die Ehre seyn sollte die man mir dadurch anzuthun dachte. Und | |||||||
diese haben die Herren Grafen sich gewiß nicht so groß gedacht wie | |||||||
ich sie empfinde. Ich ergreife sie also als eine ehrenvolle Gelegenheit | |||||||
zuförderst für mich um Eur: Wohlgebohrnen zu versichern daß ich in | |||||||
die zahlreiche Liste derjenigen mitgehöre welche die Verdienste eines | |||||||
Kants mit Vernunft zu verehren wissen, welche Ihm großentheils es zu | |||||||
danken haben daß sie im Geiste leben und denken, wenn ich gleich nicht | |||||||
die Gelegenheit oder die Ambition habe mich in diese Ehrenliste eindrucken | |||||||
zu lassen: wiewohl auch diese Ambition nichts wie Pflicht u. | |||||||
Schuldlgkeit wäre, wenn ich an alle die Obligationen denke, welche ich | |||||||
Eur: Wohlgebohrnen habe. In diesem Tone, oder ungefär so kann | |||||||
ich wohl bey Gelegenheiten meinem Grafen von Herrn Professor Kant | |||||||
gesprochen haben ohne ihn zum Proselyten oder blinden Anbeter machen zu | |||||||
wollen, weil ich weis daß mein Lehrer so was sehr verachtet und auch | |||||||
gar nicht braucht. Nachher ist auf seinen Reisen, auf der Universität | |||||||
zu Frankfurt, besonders bey Herrn D. Behrends, wo er so oft verlegen | |||||||
gewesen ein Preuß zu seyn und Kant nicht zu kennen, seine Meinung | |||||||
so exaltirt worden daß er sich schämen würde wieder Preußen zu verlassen | |||||||
ohne den Mann wenigstens gesprochen zu haben, und beneidet | |||||||
herzlich seinen zweyten Bruder daß dieser in Königsberg studiren soll. | |||||||
Daher nimt er einen Brief an Herrn Professor Kant, auch wenn er | |||||||
nur von mir wäre, wie eine Ehre an, welches mir sehr gefallen und | |||||||
Eur: Wohlgebohrnen doch auch nicht unangenehm seyn kann, zumahl ich | |||||||
Dieselben versichern darf daß der Graf ein junger Mensch aber auch | |||||||
schon ein junger Mann ist, der schon zu profitiren weis und dabey zu | |||||||
viel discretion hat um einen berühmten Mann zu stören damit er nur | |||||||
sagen könne ich hab ihn gesehn. Und sollten Eur: Wohlgebohrnen | |||||||
doch auch diese Eitelkeit an meinem Grafen bemerken so sind Sie nun | |||||||
versichert daß es dieses nicht allein ist und werden es ihm auch mit | |||||||
der Güte und Gefälligkeit übersehen deren Sie seit so vielen Iahren | |||||||
gewohnt sind. | |||||||
Wenn diese Iahreszeit und mein ewiger gichterischer Schnupfen | |||||||
sich besser vertrügen, so hätt ich diese Reise gerne mitgemacht auch | |||||||
nur blos den Mann noch einmal zu sehen dem ich so viel zu danken | |||||||
habe,: ich hätte dabey zugleich das Vergnügen gehabt Herrn Prof. | |||||||
Krause zu sprechen und ihm für seine lezte Freundschaft zu danken. | |||||||
Eur: Wohlgebohrnen darf ich nicht meiner wahren Hochachtung | |||||||
und Erkentlichkeit erst versichern mit welchen ich mich zeitlebens zu seyn | |||||||
rühmen werde | |||||||
Eur: Wohlgebohrnen | |||||||
Schlobitten | ganz ergebenster Diener | ||||||
den 16ten März 1788. | Schirmacher | ||||||
[ abgedruckt in : AA X, Seite 533 ] [ Brief 322 ] [ Brief 324 ] [ Gesamtverzeichnis des Briefwechsels ] |