Kant: Briefwechsel, Brief 282, Von Christian Gottfried Schütz.

     
           
 

 

 

 

 

 
  Von Christian Gottfried Schütz.      
           
  3. Nov. 1786.      
           
  Verehrungswürdigster Lehrer und Freund!      
  Der Brief worinn Sie mir aufgaben die Tittelsche Schrift über      
  Ihre Moralreform an Hn Grunert nach Halle zu schicken, ist mir      
           
  allerdings zu Handen gekommen. Da ich aber das Buch nicht eher      
  als 4 Wochen nachher erhielt, so glaubte ich Sie würden es schon      
  haben, und hielt es also für überflüssig. Von einem Briefe an Hn.      
  Born, der darin gelegen haben solle kann ich mich zwar itzt nichts mehr      
  entsinnen; ist er aber darinn gewesen, so habe ich ihn auch so wie die      
  mir sonst z. B. an Hn. B. in Marburg et al. zugesandten Beyschlüsse      
  sogleich zur Post befördert. Ich will allenfals doch nun noch Tittels      
  nugas Ihnen durch Hn. Gr. aber mit Gelegenheit senden, denn      
  Postgeld wären sie nicht werth.      
           
  Was Ihre neue Aufl[age] der Critik betrifft, so glaubte ich sie wär      
  schon angekündigt; bitte also es meinen häufigen Geschäften nachzusehn,      
  daß ich diese mir selbst wie vielen höchst interessante Neuigkeit      
  anzuzeigen unterlassen; nun habe ich aber die Notiz sogleich in die      
  Druckerey geschickt      
           
  Was mich mehr als alles andre bisherige Geschreibsel gegen die      
  Kritik d. r. V. frappirt hat, ist der Angriff des Hn. Meiners in Göttingen      
  in der Vorrede zu seiner Psychologie Ich will über diese Vorrede      
  ein Schreiben so ich an Hn. Oberhof Prediger Schultz richten werde      
  binen 8 Tagen in der A. L. Z. drucken lassen, aus dem Sie dann      
  den Inhalt ersehn werden u. zugleich wie ich darüber denke. Daher      
  will ich es nicht izt anticipiren, da Sie vielleicht das Buch auch schon      
  selbst haben.      
           
  Ich wünschte daß Sie dem Buchdrucker Grunert Ordre gäben mir      
  von der neuen Auflage der Kritik die einzelnen Bogen so wie sie aus      
  der Presse kommen zuzusenden; denn ohne Ihre Erlaubniß würde er      
  solches nicht thun. Da ich nun so die einzelnen Bogen durchgehn      
  könnte, wie sie ankommen, wollte ich Ihnen die Stellen, die mir noch      
  einer Aufhellung bedürftig schienen anmerken, und so könnten Sie leicht      
  wenn der Abdruck zu Ende ginge noch einen Anhang von Erläuterungen      
  beyfügen.      
           
  Über die lateinische Übersetzung der Critik will ich selbst mit Hn.      
  Born correspondiren. Wenn sie gut ausfällt, (sie muß aber ächtlateinisch      
  und ebendeshalb auch frey seyn) so kann sie allerdings viel      
  Nutzen stiften.      
           
  Wenn bey Ankunft dieses Briefes noch res integra ist so bitte ich      
  doch in reifliche Ueberlegung zu nehmen, ob Sie nicht in der 2ten      
  Auflage der Kritik 1) das ganze Werk in Paragraphen abtheilen, und      
           
  darauf rückweisen wollen, 2) ein Register der erklärten Terminorum      
  u. Sachen hinzufügen u. 3) nicht etwa hie und da wo es seyn kann      
  griechische Terminologie hauptsächlich in den Ueberschriften abschneiden      
  wollen. Mich dünkt es sey nicht nöthig Antithetik der reinen Vernunft,      
  Architektonik auf den Titel der Abschnitte zu setzen. Sie sehn ich rede      
  nur um der Schwachen willen, zu denen ich in diesem Punkte leider      
  den sonst so gelehrten und belesenen Hn. Meiners rechnen muß, nemlich      
  wie er sich in seiner Vorrede zur Psychologie gezeigt hat.      
           
  In ungefehr 8 Tagen ein mehreres. Indeß empfehle ich mich      
  Ihnen, so wie Hr. D. Hufeland mein Hausgenosse u. treuer Gehülfe      
  bey der Redaction der A. L. Z. zu fernerm gütigen Andenken.      
           
  Noch eins. Wollten Sie nicht Hn. Meiners Geschichte der Weltweisheit      
  für die A. L. Z. recensiren? Sie würden mich unendlich verbinden.      
       
           
  Ich bin mit innigster Ehrfurcht und Liebe      
           
    Ihr        
  Jena   gehorsamster u      
  d. 3. Nov. (an dem ich erst Ihren treuergebenster      
  1786. Brief vom 24. Sept. erhalten habe. Schütz      
    Wie ge[ht das zu]?)        
           
           
           
     

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