Kant: AA X, Briefwechsel 1786 , Seite 468 |
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01 | aus einigen neuern Schriften u. aus dem gesellschaftlichen Tone der Anhänger | ||||||
02 | der alten Schule zu offenbar, daß sie leidenschaftlich gegen alles | ||||||
03 | erhitzt werden, was ihre Idole angreift. Ich glaube nicht, daß ich in | ||||||
04 | meiner Schrift die Achtung, welche ich dem verst[orbenen] Mendels[sohn] | ||||||
05 | so wohl als dem grossen Stifter seiner Schule überhaupt schuldig bin | ||||||
06 | verletzt habe, aber es lassen sich doch gar leicht aus jeder Gegenschrift | ||||||
07 | Sätze ausheben, welche den Schein einer Geringschätzung an sich tragen | ||||||
08 | wenn man Lust hat den Auktor dadurch verächtlich zu machen, und | ||||||
09 | dies gelingt oft leichter, wenn er noch neu oder jung ist. Wenn Sie | ||||||
10 | daher glauben, daß meine Schrift von einigem Nutzen seyn kann; so | ||||||
11 | bitt ich Sie Ihren Einfluß auf Iournale dahin anzuwenden, daß ich | ||||||
12 | nicht von einem solchen steifen Dogmatiker beurtheilt werde. | ||||||
13 | Der am Ende angedruckte Brief ist an HE. Prof. Plattner; es | ||||||
14 | ist unbegreiflich wie ein so scharfsinniger Mann seine in den Aph[orismen] | ||||||
15 | angegebne Meinung gegen alle Gründe, doch noch durchzusetzen sich | ||||||
16 | getrauete. Von Marburg aus meldet man mir, daß die Wolfianer | ||||||
17 | ein Landgräfliches Reskript bewirkt haben, worinn ausdrücklich untersagt | ||||||
18 | wird, über Ihre Philosophie zu lesen!!! - Herr Feder fühlt die | ||||||
19 | Wunden, welche er sich durch seine Rec. Ihrer Critik zugezogen hat | ||||||
20 | noch so tief, daß er ehestens zu seiner Satisfaktion in einer öffentlichen | ||||||
21 | Schrifft zu erweisen vorgibt, daß Ihre ganze Philosophie nichts | ||||||
22 | sei als eine verfeinerte scholastische! | ||||||
23 | Ich empfehle mich Ihrer ferneren Gewogenheit u. bitte Sie mich | ||||||
24 | mit Ihren Aufträgen zu beehren, damit ich doch einiger maßen Gelegenheit | ||||||
25 | habe Ihnen meine Ehrfurcht zu erkennen zu geben. Ich | ||||||
26 | höre, daß Ihre Kritik hier gedruckt wird. Wenn Sie glauben, da | ||||||
27 | durch meine Revision den Druckfehlern etwas mehr vorgebeugt werden | ||||||
28 | könnte: so will ich diese recht gern übernehmen. | ||||||
29 | Ich bin mit der innigsten u. reinsten Hochachtung der | ||||||
30 | Ihrige | ||||||
31 | Iakob. | ||||||
282. | |||||||
33 | Von Christian Gottfried Schütz. | ||||||
34 | 3. Nov. 1786. | ||||||
35 | Verehrungswürdigster Lehrer und Freund! | ||||||
36 | Der Brief worinn Sie mir aufgaben die Tittelsche Schrift über | ||||||
37 | Ihre Moralreform an Hn Grunert nach Halle zu schicken, ist mir | ||||||
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