Kant: Briefwechsel, Brief 283, Von Friedrich Gottlob Born.

     
           
 

 

 

 

 

 
  Von Friedrich Gottlob Born.      
           
  8. Nov. 1786.      
           
  Wohlgebohrner Herr      
  Hochgeehrtester Herr Profeßor!      
  Ew. Wohlgeb. geehrtestes Schreiben vom 24sten September habe      
  ich erst vorgestern am 6sten November mit der Post erhalten. Ich sehe      
  daraus, daß Dieselben besorgen, daß ich Dero ersteres unterm 26sten May      
  an mich abgelaßenes Schreiben nicht erhalten haben möchte. Allein      
  es ist dieses schon am 8ten Iunius in meinen Händen gewesen; und      
  ich bitte sehr um Verzeihung, daß ich auf daßelbe so lange geschwiegen      
  habe. Es waren einige Geschäfte daran Schuld, denen ich mich unterzogen      
  hatte. Izt aber war ich eben Willens Ew. Wohlgeb., wegen      
  der mir gütigst anzuvertrauenden Uebersetzung Ihrer sämmtlichen vortreflichen      
  Wercke in altes classisches Latein, mit einem Brief zu beschweren,      
  als mir gleich Ihr letzteres Schreiben eingehändiget ward.      
           
  Obgleich die Arbeit, der ich mich dadurch unterziehe, nicht die leichteste      
  ist; so hoffe ich doch, wenn ich mit Ausgang des Februars den ersten      
  Band erhalten kan, denselben längstens zu Iohannis in der Uebersetzung      
  zur Preße liefern zu können: erhalte ich sodann um selbige Zeit den      
  zweyten; so soll auch dieser zur Michaelmeße vollendet seyn. Sonach      
  kan der erste Band schon zu Michael übersezt im Druck erscheinen, und      
  der zweyte ienem in wenig Wochen nachfolgen. An Genauigkeit und      
  Fleiß will ich, soviel an mir ist, nichts ermangeln laßen. Herrn      
  Hartknoch in Riga werde ich noch vor Weihnachten schreiben, um mich      
  mit demselben über die zu machenden Bedingungen zu vergleichen.      
  Diese Michaelis habe ich den Anfang gemacht, die Critik der reinen      
  Vernunft nach M. Schmids Handbuch in meinen privat Vorlesungen      
  vorzutragen. Es soll dieß eines meiner stätigen Collegien werden, die      
  ich Iahr aus Iahr ein lese. Und dieses um soviel mehr, da wahre      
  Philosophie hier ganz liegt und unsre jungen Leute größtentheils mit      
  seichtem Geschwäz und leeren, luftigen, Scheinkenntnißen à la mode      
  Franéoise unterhalten werden. Uebrigens freue ich mich ungemein      
  schon im Voraus über den wichtigen Zusaz einer Critik der reinen      
  praktischen Vernunft, womit Sie Ihr trefliches Werck noch mehr verschönern      
  werden. Gott verleihe Ihnen Gesundheit und stete Heiterkeit      
  des Geistes, um den großen Plan zur Wohlfarth der Menschheit, den      
  Sie entworfen haben, glücklich vollenden zu können; der ich übrigens      
  mit ungemeßner Hochachtung lebenslang bin      
           
    Ew. Wohlgeb.      
  Leipzig ganz gehorsamer Diener      
  am 8ten November Friedrich Gottlob Born.      
  1786.        
           
  N. S.      
           
  Da, wie es scheint, Ihre Freunde in hiesigen Gegenden nicht      
  allemal die pünktlichsten Besorger Ihrer Aufträge sind; so bin ich so      
  frey, Ihnen meine Dienste ergebenst anzubieten. Ich werde Ehre und      
  Vergnügen in genauer Besorgung alles deßen finden, mit deßen Ausrichtung      
  Sie mich gütigst beehren wollen.      
           
           
           
     

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