Kant: Briefwechsel, Brief 179, An Iohann Erich Biester. |
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An Iohann Erich Biester. | |||||||
Königsberg den 27. Iuni 82. | |||||||
Verehrungswürdiger H. Doctor. | |||||||
Die Fr. Gräfin v. Kaiserling Exc. ersuchen mich Ew. Wohlgeb. | |||||||
von den Umständen darin ,H. v. Hogendorp, der bisher hier gewesen, | |||||||
vermuthlich in Berlin angelangt seyn wird einige Nachricht zu geben, | |||||||
um dadurch, wo möglich mancherley Nachtheil zu verhüten, der ihm | |||||||
oder seiner Familie daraus entspringen könnte. Durch seinen täglichen | |||||||
Umgang im Gräfl. Kaiserlingschen Hause und auf ihn gerichtetes | |||||||
Augenmerk ist er bisher abgehalten worden seiner unseligen Spielneigung | |||||||
den Lauf zu lassen. Allein in Abwesenheit beyder Gräfl. | |||||||
Persohnen, die zu der Revue nach Gr. gereist waren, ist er darein | |||||||
dermassen verfallen u. hat dadurch auch so viel Geld verlohren, da | |||||||
nicht einmal abzusehen ist, wie er nach Berlin kommen können. Da | |||||||
er sich allem Ansehen nach bey Ihnen melden und Ihren Beystand | |||||||
suchen wird, so bleibt es freylich Ihrem Urtheile nach der Verbindung, | |||||||
die sie ihm und seiner Familie haben überlassen auf welche | |||||||
Art sie ihn, ohne selbst Gefahr zu laufen, aus seiner Verlegenheit | |||||||
ziehen wollen; aber man erbittet vornehmlich Ihre gütige Aufsicht und | |||||||
Vorsorge, so viel möglich zu verhüten, daß er in dem Gedränge, | |||||||
darin er sich befindet, nicht durch unbedachtsame Schritte einen Ruf | |||||||
wieder sich errege, der ihm bey des Pr. v. Preussen Königl. Hoheit, | |||||||
an welchen er bestens empfohlen worden, nachtheilig seyn könnte. Er | |||||||
hat einen Brief an diesen Herrn mit, Er wird diesen doch an Ihn | |||||||
abgeben. Der H. Graf v. K. hat es so eingelenkt, daß er vermuthlich | |||||||
seinen Abschied als Capitain bekommen wird u. es ist so zu seinem | |||||||
Vortheil bey diesem Herrn gesprochen worden, daß, wenn er etwa nach | |||||||
einem Iahre von seiner Krankheit wieder hergestellt seyn sollte, er alle | |||||||
Hofnung hat, in diesem neuen Grade wieder in pr[eussische] Dienste | |||||||
placirt zu werden, nur muß er nichts durch unüberlegte Führung verderben. | |||||||
Von dieser Idee könnten Sie, wenn Sie sonst mit seiner | |||||||
edlen Mutter in Correspondenz stehen, Gebrauch machen, wenn Sie | |||||||
sich diese theilnehmende Bemühung zu geben belieben wollen, wobey | |||||||
Sie denn auch nicht unbemerkt lassen dürften daß, da die Fr. Gräfin | |||||||
und ihr H. Gemahl so lange sie zugegen waren, seine Führung regelmäßig | |||||||
gesehen haben u. solche nur in ihrer Abwesenheit aus der Art | |||||||
geschlagen, sie die Hofnung nicht ganz aufgeben, daß sie, bey genauer | |||||||
Beobachtung obiger Punkte, wohl wieder eingelenkt werden könne. | |||||||
Haben Sie also die Güte ihm vorzustellen daß sein Plan, wenn er | |||||||
der Gesinnung seiner Eltern gemäß seyn soll, durchaus der seyn müsse, | |||||||
wiederum in preuß. Dienste zurückzukehren und daß er daher in Ansehung | |||||||
der hohen und vielverheißenden Empfehlungen, die ihm zum | |||||||
Vortheil geschehen sind, ja nichts vernachlässigen noch weniger verderben | |||||||
müsse um auch zugleich der Betrübnis, die seine Rückkunft | |||||||
nach Hause ohne den vorgesetzten Zweck erreicht zu haben, seiner | |||||||
Mutter nothwendig machen müsse, eine tröstliche Hofnung entgegenzustellen. | |||||||
Er hat einen wunderlichen Plan im Kopfe, das Militär | |||||||
gänzlich zu verlassen u. in Leiden zu studiren, aus dem sicherlich | |||||||
nichts werden wird. . . . . . | |||||||
[ abgedruckt in : AA X, Seite 285 ] [ Brief 178 ] [ Brief 180 ] [ Gesamtverzeichnis des Briefwechsels ] |