Kant: Briefwechsel, Brief 138, An Christian Heinrich Wolke. |
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An Christian Heinrich Wolke. | |||||||
4. Aug. 1778. | |||||||
Verehrungswürdiger Freund | |||||||
Wenn ich hier alle Lobeserhebungen, die nur die größte Schmeicheley | |||||||
ersinnen kan, häufete, so würden sie wirklich doch nur die aufrichtige | |||||||
und wahre Gesinnung meines Herzens ausdrücken. Sie sind der | |||||||
letzte Anker, auf dem alle Hofnung der Theilnehmer an einer Sache, | |||||||
deren Idee allein das Herz aufschwellen macht, itzt beruht. Die Beharrlichkeit, | |||||||
bey so vielen Hindernissen einen so großen Plan auszuführen, | |||||||
erwirbt Ihnen mit Recht die Bewunderung und den Dank | |||||||
von iedermann, der da versteht, was es heisse, nach seiner ganzen | |||||||
Bestimmung ein Mensch zu seyn, und wenn Sie auch nur durch einen | |||||||
feineren Ehrbegrif getrieben würden, alle Gemächlichkeit des Lebens | |||||||
so dem öffentlichen Besten aufzuopfern, so würde es überall kein gewisseres | |||||||
Mittel geben. Ihren Nahmen dem Danke der spätesten Nachkommenschaft | |||||||
zu überliefern, als das Geschäfte, dem Sie sich weihen | |||||||
und welches, wie ich mit vielen anderen ietzt hoffe, seinen Zwek | |||||||
(wenn der Himmel Sie nur gesund erhält) sicherlich nicht verfehlen | |||||||
wird. | |||||||
Ich habe eben itzt das Pak mit den letzten Pädagogischen Stücken | |||||||
des ersten Iahrganges erhalten und werde sie gehörig vertheilen. Ich | |||||||
muß aber zugleich von einer Veränderung und, wie ich hoffe, Verbesserung | |||||||
der Art, wie die philanthropinische Angelegenheit künftig | |||||||
in unserer Gegend betrieben werden kan, Nachricht geben. Die | |||||||
Kantersche Zeitung, durch welche allein gelehrte Ankündigungen im | |||||||
Publikum verbreitet werden können, ist bald in eines, bald des anderen | |||||||
Hände gegeben worden. Ietzt dirigirt sie der reformirte HE. Hofprediger | |||||||
und Doctor Theol: Crichton. Dieser sonst gelehre Mann hat sich | |||||||
zeither nicht sonderlich günstig vors Philanthropin erklärt und, da sein | |||||||
Urtheil, theils durch seine weitläuftige Bekantschaft, theils die Zeitung, | |||||||
welche er ietzt in seiner Gewalt hat, meiner Ihnen gänzlich ergebenen | |||||||
Gesinnung ein großes Hindernis in den Weg legen könte, so habe ich, | |||||||
statt des fruchtlosen Controvertirens, das schmeichelhaftere Mittel ergriffen | |||||||
diesen Mann auf Ihre Seite zu ziehen, nämlich dieses, da | |||||||
ich ihn zum Haupte Ihrer hiesigen Angelegenheiten machte. Dieser | |||||||
Versuch ist mir gelungen, indem ich ihm, durch die Vorstellung der | |||||||
wichtigen Verbesserungen, welche unter HEn Wolk's direction am | |||||||
Institute gemacht worden, einen Weg lies, ohne sein voriges Urtheil | |||||||
zu wiederrufen, zu einem ganz entgegengesetzten überzugehen. Ich | |||||||
glaube, daß dieses Mittel auch sonst nützlich seyn kan. Denn, die, | |||||||
so ihren Beyfall verweigeren, so lange sie nur die zweyte Stimme | |||||||
haben, werden gemeiniglich ihre Sprache änderen, wenn sie das erste | |||||||
und große Wort führen können. | |||||||
Ich habe also HEn Hofprediger Doctor Crichton die Liste der | |||||||
bisher Pränumerirenden und den Auftrag, den ich hatte, Ihre Angelegenheit | |||||||
künftig durch öffentliche Ankündigung, colligirung und | |||||||
anderweitige Bewerbungen aufs beste zu treiben, übergeben, und er hat | |||||||
solchen gerne übernommen. Und nun bitte ich inständigst an gedachten | |||||||
Herren Crichton doch so bald als möglich zu schreiben, Ihr Zutrauen | |||||||
zu ihm zu äusseren, vornemlich aber, entweder schriftlich von den | |||||||
neuen Verbesserungen, die das Institut, entweder dem Plane oder der | |||||||
Ausführung nach, seit Ihrer Direction erhalten hat, eine kurze Idee | |||||||
zu geben, oder solche im nächsten Stück der Unterhandl: zu versprechen. | |||||||
Denn er schien über den Vorwand verlegen zu seyn, bey der öffentlichen | |||||||
hiesigen Ankündigung seine neue Denkungsart zu rechtfertigen | |||||||
und bedarf gewisse Gründe dieser Änderung aus der Sache selbst, | |||||||
Ohne sein voriges Urtheil wiederrufen zu dörfen. | |||||||
Wir sind beyde in den Principien der Beurtheilung eines solchen | |||||||
Instituts zwar himmelweit aus einander. Er sieht die Schulwissenschaft | |||||||
als das einzige Nothwendige an und ich die Bildung des Menschen, | |||||||
seinem Talente so wohl als Charakter nach. Aber nach der guten Einrichtung | |||||||
die Sie getroffen haben kan beyden gnug gethan werden. | |||||||
Ein Exemplar von allen Stücken des künftigen Iahrganges werden. | |||||||
Sie auch nicht vergessen vor ihn künftig beyzulegen, imgleichen doch | |||||||
zu besorgen: daß die, so bisweilen einige Päcke von dieser Schrift | |||||||
hieher abzuliefern haben, künftig keine Spesen fodern, wie der Iude | |||||||
Hartog Jacobs kürzlich that, dem 5 fl Frachtkosten (mit 24 gr. preußisch | |||||||
accise eingeschlossen) nach unserem Gelde bezahlt werden musten, die | |||||||
sich nicht füglich auf die interessenten repartiren lassen. | |||||||
Ob ich gleich mich auf solche Weise von der hiesigen Besorgung | |||||||
Ihrer Angelegenheit loszusagen scheine, so ist dieses doch keinesweges | |||||||
so zu verstehen. Denn da Ihnen, nach der ietzigen Einrichtung unserer | |||||||
Zeitungen, von mir nicht anders als nach der schon gemeldeten Art | |||||||
gedient werden konte, so habe ich mich dazu entschlossen; gleichwohl | |||||||
Ihrem neuen Geschäftträger meinen Beystand, in allen Fällen, wo | |||||||
es ihm zu viel Beschwerde machen möchte, angeboten, wie ich mich | |||||||
denn eben so willig, zu Ihren anderweitigen Aufträgen und allem | |||||||
was Ihr interesse betrift, fernerhin darbiethe und nach herzlichen Begrüssung | |||||||
von Herren Motherby u. seiner Frau an Sie und ihren Sohn | |||||||
mit der großesten Hochachtung bin | |||||||
Ihr und des ganzen Instituts | |||||||
ergebenster Diener | |||||||
Koenigsberg | I Kant. | ||||||
d 4ten August: | |||||||
1778. | |||||||
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