Kant: AA XX, Erste Einleitung in die Kritik der ... , Seite 224

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 Urtheilskraft (nämlich die Zusammenstimmung jener beyden Vermögen      
  02 unter einander) überhaupt ausmacht. Es ist aber auch ein ästhetisches      
  03 Sinnenurtheil möglich, wenn nämlich das Prädicat des Urtheils gar kein      
  04 Begrif von einem Object seyn kann, indem es gar nicht zum Erkenntnißvermögen      
  05 gehört, z.B. der Wein ist angenehm, da denn das Prädicat die      
  06 Beziehung einer Vorstellung unmittelbar auf das Gefühl der Lust und      
  07 nicht aufs Erkenntnißvermögen ausdrückt.      
           
  08 Ein ästhetisches Urtheil im Allgemeinen kann also für dasjenige      
  09 Urtheil erklärt werden, dessen Prädicat niemals Erkenntniß (Begrif      
  10 von einem Objecte) seyn kann (ob es gleich die subjective Bedingungen      
  11 zu einem Erkenntniß überhaupt enthalten mag). In einem solchen      
  12 Urtheile ist der Bestimmungsgrund Empfindung. Nun ist aber nur eine      
  13 einzige so genannte Empfindung, die niemals Begrif von einem Objecte      
  14 werden kann, und diese ist das Gefühl der Lust und Unlust. Diese ist      
  15 blos subjectiv, da hingegen alle übrige Empfindung zur Erkenntniß      
  16 gebraucht werden kann. Also ist ein ästhetisches Urtheil dasjenige, dessen      
  17 Bestimmungsgrund in einer Empfindung liegt, die mit dem Gefühle der      
  18 Lust und Unlust unmittelbar verbunden ist. Im ästhetischen Sinnesurtheile      
  19 ist es diejenige Empfindung, welche von der empirischen Anschauung      
  20 des Gegenstandes unmittelbar hervorgebracht wird, im ästhetischen      
  21 Reflexionsurtheile aber die, welche das harmonische Spiel der      
  22 beyden Erkenntnißvermögen der Urtheilskraft, Einbildungskraft und      
  23 Verstand, im Subjecte bewirkt, indem in der gegebenen Vorstellung das      
  24 Auffassungsvermögen der einen und das Darstellungsvermögen der andern      
  25 einander wechselseitig beförderlich sind, welches Verhältniß in solchem      
  26 Falle durch diese bloße Form eine Empfindung bewirkt, welche der Bestimmungsgrund      
  27 eines Urtheils ist, das darum ästhetisch heißt und als subjective      
  28 Zweckmäßigkeit (ohne Begrif) mit dem Gefühle der Lust verbunden ist.      
           
  29 Das ästhetische Sinnesurtheil enthält materiale, das ästhetische      
  30 Reflexionsurtheil aber formale Zweckmäßigkeit. Aber, da das erstere      
  31 sich gar nicht aufs Erkenntnißvermögen bezieht, sondern unmittelbar      
  32 durch den Sinn aufs Gefühl der Lust, so ist nur das letztere als auf eigenthümlichen      
  33 Principien der Urtheilskraft gegründet anzusehen. Wenn      
  34 nämlich die Reflexion über eine gegebene Vorstellung vor dem Gefühle      
  35 der Lust (als Bestimmungsgrunde des Urtheils) vorhergeht, so wird die      
  36 subjective Zweckmäßigkeit gedacht, ehe sie in ihrer Wirkung empfunden      
           
    01-02 (nämlich — einander) g.Z. am Rande (Kant).      
    05 Kein Komma vor: z.B.      
    10 kann,      
    15 alle übrigen zu statt: zur      
    16 Kein Komma vor: dessen      
    23 Kein Komma vor: im      
    36 Zweckmäßigkeit δ vorher      
           
           
     

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