Kant: AA XIX, Erläuterungen zu G. Achenwalls Iuris ... , Seite 589 |
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01 | Gunsten eine Ausnahme zu machen, so wie wenn der Fürst aus dem | ||||||
02 | öffentlichen Schatze den unverdienten belohnete. Da alsdenn andere dieses | ||||||
03 | hergeben müßten. Er muß also einen rechtlichen Grund der Strafmilderung | ||||||
04 | anführen können, der allen zum Besten dient. Der Richter muß ihm | ||||||
05 | den Verbrecher empfehlen. | ||||||
8040. ψ? χ? ρ? J 181. |
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07 | Der summus imperans kann nicht eine strafe vor die andere setzen | ||||||
08 | sondern muß hiebey das Urtheil des Ganzen zu rathe ziehen. Er muß | ||||||
09 | strafen nach dem Maaße als die unterthanen selbst den Werth worin setzen. | ||||||
10 | Nun hat bey ihnen das Leben den größten Werth. | ||||||
11 | (s Er kan nicht begnadigen in dem, wovon die Sicherheit aller abhängt, | ||||||
12 | aber wohl die Verletzung in dem, was blos die formalien des | ||||||
13 | Rechts betrift, vergeben. ) | ||||||
8041. ψ3--4. J 182. |
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15 | Alle Strafen und Belohnungen sind entweder vorkehrende oder | ||||||
16 | vergeltende (praemunientes vel rependentes). Die vorkehrende sind | ||||||
17 | entweder Exempelstrafen oder Züchtigungen. Die Vergeltende zeigen | ||||||
18 | an, daß sie das Übel, welches das Verbrechen anrichtet, ihn selbst fühlen | ||||||
19 | lassen und sind möglich nach aller Regel der Weisheit. aber in der Staatsverfassung, | ||||||
20 | da nicht auf die Moralität gesehen wird, nicht rathsam. Doch | ||||||
21 | müssen sie als vorkehrungsstrafen zuvorderst gerecht seyn. Sie sind als | ||||||
22 | bloße Mittel wohl erlaubt aber nur als Vergeltungen gerecht. | ||||||
23 | Die Vorkehrende Belohnungen müssen auch nicht über das Verdienst | ||||||
24 | zu Handlungen antreiben. | ||||||
8042. ψ4? ψ? J 182. |
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26 | Die Strafen der Androhung (Abhaltung der Verbrechen) müssen um | ||||||
27 | so größer seyn, als die Versuchung dazu größer ist; sie sind aber gemeiniglich | ||||||
28 | um deswillen gegen den einzelnen desto ungerechter, nur dem Rechte | ||||||
29 | der Bürger angemessen. Dagegen könnten sie um desto kleiner seyn, wenn | ||||||
30 | die Versuchung dazu kleiner ist. Beydes ist nur die Strafe als Mittel betrachtet. | ||||||
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