Kant: AA XIX, Erläuterungen zu G. Achenwalls Iuris ... , Seite 590 |
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01 | Betrachtet man sie aber moralisch nach dem absoluten Unwerth | ||||||
02 | des Menschen in dieser Handlung, so müssen sie desto größer seyn, jene | ||||||
03 | kleiner. Die Versuchung war, aber sie mußte als eine solche nicht angedroht | ||||||
04 | werden. Es ist also hier ein Wiederstreit zwischen der Androhung | ||||||
05 | und der moralischen Strafwürdigkeit oder auch Bestrafung. | ||||||
8043. ψ3--4. J 184. |
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07 | Das Volk kan nicht durch Aufruhr (seditione) seine Freyheit vindiciren | ||||||
08 | sondern nur durch das ihm in der constitution zustehende Recht, | ||||||
09 | wenn der summus imperans das pactum fundamentale gebrochen hat | ||||||
10 | und zwar durch nicht durch eine neue angemaaßte Gewalt sondern vermittelst | ||||||
11 | derjenigen, die es nach dem pacto fundamentali immer gehabt | ||||||
12 | hat, nach einem Gesetze, welches ihnen diese zusammt der Schranken derselben | ||||||
13 | bestimmt hat, so daß das summum imperium jederzeit ununterbrochen | ||||||
14 | bleibt nach der Form der constitution und nicht zwischeninne der | ||||||
15 | Status naturalis eintritt, denn in diesem hören sie auf, ein Volk zu seyn, | ||||||
16 | es ist kein Gesetz, kein Oberer gegen welchen Gehorsam Pflicht ist. Ein | ||||||
17 | Aufrührer, so fern er das Recht des Oberherrn verletzt, ist rebell. Nicht | ||||||
18 | jeder Aufrührer ist Rebell, nämlich derjenige nicht, welcher sich dem Gehorsam | ||||||
19 | desjenigen Herrschers entzieht, der selbst dem Fundamentalvertrage | ||||||
20 | Abbruch gethan hat. Denn er thut ihm nicht unrecht, gleichwohl | ||||||
21 | aber kan er doch Unrecht thun in Ansehung des Völkerrechts überhaupt | ||||||
22 | (scandalum iuris gentium, indem er die Achtung fürs bürgerliche Gesetz | ||||||
23 | schwächt oder aufhebt, auf dem das Heil eines gemeinen Wesens beruht). | ||||||
24 | Man nehme nur einen allgemeinen Aufruhr des Volks an, so legt er zum | ||||||
25 | Grunde, daß seine Pflicht zum gehorchen aufgehört, dieweil aber, weil nicht | ||||||
26 | schon der nun an die stelle des entsetzten Herrschers zur Gesetzgebung und | ||||||
27 | Regirung berechtigte da ist, keiner Gehorsam fodern kan und so ein status | ||||||
28 | naturalis entspringen würde, so muß der, so des Volks rechte vertheidigt | ||||||
29 | nach der constitution, immer schon den Regenten theils in der Gesetzgebung | ||||||
30 | theils verwaltung eingeschränkt haben. Er muß aber alsdenn auch eine | ||||||
31 | Gewalt besessen haben, weil er die, von denen er Gehorsam fodern soll, | ||||||
32 | muß schützen können. Alsdenn ist es aber auch kein Aufruhr, weil der | ||||||
33 | Wiederstand gesetzlich ist. Wo das nicht in der constitution liegt, da hat | ||||||
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