Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 653

     
           
 

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  01 angustior als der eines nothwendigen Wesens und unter ihm enthalten.      
  02 Sie müssen conceptus reciproci seyn, weil sie auf die durch gängige determination      
  03 gehen, die von beyden Theilen identisch ist.      
           
  04 S. III:      
  05 Ob man sich gleich gar keinen Begrif von einem mothwendigen Wesen      
  06 machen kann, d. i. obgleich kein Begrif von einem Wesen zureicht, um      
  07 daruas schließen zu können, daß ein solches Wesen nothwendig da seyn      
  08 müsse, so glaubt man doch, daß, wenn man einmal die Nothwendigkeit      
  09 irgend eines Dinges, wovon man gar keinen Begrif hat, angenommen ist,      
  10 die Beschaffenh der Begrif von dem, was dieses Ding für Beschaffenheit      
  11 habe, daraus wohl könne entwikelt werden. Nun ist der Begrif eines nothwendigen      
  12 Daseyns ganz einfach ein Begrif von gar keinem Object, sondern      
  13 blos von dem Daseyn desselben und der Unmoglichkeit nicht zu seyn. Daseyn      
  14 aber und nicht seyn, imgleichen Moglichkeit und Unmoglichkeit sind      
  15 Begriffe der bloßen Modalitaet, die das Object selbst dem Inhalte nach      
  16 ganz unbestimmt lassen. Also ist es umsonst zu hoffen, auf diesem Wege      
  17 die Eigenschaften eines nothwendigen Wesens zu finden. Es ist wie mit      
  18 einem Puncte, der nur als Grenze einer Linie vorgestellt werden kann.      
           
  19 Der Satz: ein kranker Mensch ist gesund, ist ein logisches Urtheil,      
  20 weil das „ist“ blos die Copula bedeutet und vermittelst derselben einen      
  21 Wiederspruch enthält. Der Satz: ein Mensch, der krank ist, ist gesund,      
  22 würde eben dasselbe sagen, mithin einen Wiederspruch enthalten, wenn das      
  23 „Ist“, welches zwey mal steht, das eine mal zum Subject, das andere mal      
  24 zur Copula gehorete, in beyden fallen als Copula betrachtet würde. Aber      
  25 das erstemal ist es nicht die Copula (des categorischen Urtheils), sondern      
  26 Bestimmung (synthetische) des Begrifs vom Subject, und das Urtheil      
  27 wird als synthetisch betrachtet: daß ich namlich, wenn ich vom Subject      
  28 etwas bejahet habe, ich nicht eben dasselbe, sondern etwas anderes von ihm      
  29 verneien. Nämlich er ist gesund krank zu einer Zeit und Gesund zu einer      
     

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