Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 645

     
           
 

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  01 einzige Art bestimmt werden, so muß man annehmen, was bewiesen      
  02 werden soll: daß das nothwendige Wesen das allerrealeste sey. — Vom      
  03 Orientiren.      
           
  04 Wenn ich nicht aus dem bloßen Begriffe eines Dinges beweisen kann,      
  05 daß ein solches Existire, so kan ich niemals das Nothwendige Daseyn desselben      
  06 als nothwendig erkennen; denn eben das Erkentnis a priori beweiset      
  07 daß die Nothwendigkeit.      
           
  08 (s Satz. Ein Nothwendiges Wesen muß alle Real ität haben.      
  09 Denn hat es sie nicht, so mangelte ihm eine, die doch ihm zukommen      
  10 könnte, also wäre das Gegentheil seiner Bestimungen mö glich; es      
  11 wäre moglich, daß ein Wesen mit den gegebenen Bestimmungen nicht      
  12 sey, d. i. es wäre zufällig. — Aber wenn ich es einmal als ein nothwendig      
  13 existirend Wesen so, wie es ist, angenommen habe, so kann ich      
  14 nicht sagen, daß eine Realität, die in ihm seyn könte, ihm mangele,      
  15 sondern daß in ihm eine gewisse Realität nothwendig mangele (oder daß      
  16 eine, die in ihm ist, nicht existiren könne). Hätte ich aber dieses nicht      
  17 hinzugesetzt, so könnte ich auch nicht sagen, daß es zufallig sey, weil es      
  18 nicht anders als mit diesem Mangel existiren kann. — Aber aus meinem      
  19 Begrif eines existirenden Wesens überhaupt kann es nicht anders durchgängig      
  20 determinirt gedacht werden als durch den des realissimi. Aber      
  21 aus dieser durchgängigen Bestimbarkeit folgt gar nicht die Exist enz,      
  22 und ich kann überhaupt, wenn etwas existirt, durch den bloßen Be grif      
  23 seiner Existenz nicht bestimmen, ob und wi wie viel realitaet es habe. )      
           
  24 Wenn man aus der Critik der reinen Vernunft die (g theor etische )      
  25 Sätze zieht, worauf sie führt, und die (g für sich ) allein mit ihren im      
  26 Schwang gehenden dogmatisch herausge angenommenen Gegens ätzen      
  27 Vergleicht, ohne jener ihre Ableitung aus ihren Gründen vorher aufzustellen,      
  28 so kan man, wie der Rektor von Schlottheim Ludwig meynte, in      
  29 die Augen fallende Ungereimtheiten aufstellen.      
           
     

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