Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 507 |
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01 | anderes obiect, als dessen Existenz durch Vernunft oder Erfahrung hinreichend | |||||||||
02 | erweislich ist, einräumen will, ist ungläubig. (Baar.) | |||||||||
03 | Vernunftglaube ist die Nothwend der Grundsatz (g Maxime ) der | |||||||||
04 | Vernunft, dasjenige anzunehmen, was in der zur Vollendung der Reihe | |||||||||
05 | der Gründe einer zum Erfahrungsgebrauche vollig zusammenstimmenden | |||||||||
06 | Vernunft unvermeidlich nothwendig ist. Nun kan das erste dieser Reihe | |||||||||
07 | weder durch Vernunft noch auf dem Wege der Erfahrungsschlüsse bewiesen | |||||||||
08 | als bestimter gegenstand bewiesen werden. Also ist der Vernunftglaube | |||||||||
09 | zum Vollstandigen Erfahrungsgebrauch (worunter ich die Ableitung der | |||||||||
10 | an Gegenstanden der Erfahrung ausgeübten Maximen der Vernunft verstehe) | |||||||||
11 | unumganglich nothwendig. Schwarmerey ist Tollheit. Aberglaube | |||||||||
12 | Dummheit und Unglaube Thorheit, d.i. leichtsinnige verlassung des | |||||||||
13 | Hauptzweks (nämlich der Vollstandigkeit der Gründe zu dem, was überhaupt | |||||||||
14 | Zwek der speculation oder Praxis seyn kan). Forschender Gebrauch | |||||||||
15 | der Vernunft, also der se mit einem jenen vollendeten Vernunftglauben | |||||||||
16 | beschließt, ist Weisheit. | |||||||||
6218. ψ3. Th 3'. |
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18 | Die Denkungsart nach Ideen, von denen man keinen Erfahrungsgebrauch | |||||||||
19 | machen kann, (g ist Schwärmerey ). Gott, Freyheit, Unsterblichkeit | |||||||||
20 | sind Ideen, von denen man einen Erfahrungsgebrauch machen | |||||||||
21 | kan. Aber Geheime Kräfte, die Natur zu verkehren, Geistige Anschauungen | |||||||||
22 | sind Ideen, von denen man eben darum, weil sie Erfahrung unmoglich | |||||||||
23 | machen, keinen Erfahrungsgebrauch machen kan. | |||||||||
24 | Die Denkungsart der Grundsätze aus factis, von denen Man keinen | |||||||||
25 | Erfahrungsgebrauch machen kan, ist Aberglauben; z.B. Ahndungen, | |||||||||
26 | bedeutende Träume, Erscheinungen von Verstorbenen. | |||||||||
27 | Unglaube ist der Grundsatz alles zu läugnen, was nicht Erfahrungsgegenstand | |||||||||
28 | seyn kan. Denn es giebt immer noch subiective Gründe des | |||||||||
29 | Fürwahrhaltens, wenn es an obiectiv hinreichenden fehlt. Der subiective | |||||||||
30 | Grund aber in Ansehung des Übersinnlichen ist die sich durchs sinnliche niemals | |||||||||
31 | hinreichend gnugthuende Vernunft im theoretischen und Moralischen. | |||||||||
6219. ψ3. Th 1'. |
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33 | Den speculativen Begrif von Gott ist (g es ) zuvor höchstnöthig zu | |||||||||
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