Kant: AA XVII, Reflexionen zur Metaphysik. , Seite 230 |
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01 | davor halten, und würde denn Gottes Gerechtigkeit von allen erkannt seyn. | ||||||
02 | Brod ist nicht der Tugend, sondern des Fleißes Lohn. Wenn du endlich | ||||||
03 | dem Menschen alles Gute giebst (sage: bist du den zufrieden, begehrst du | ||||||
04 | nicht immer mehr, und wird Gott wohl ein Ziel deiner Wünsche finden | ||||||
05 | konnen. Der wahre Preis der Tugend ist die innere Stille der Seelen, | ||||||
06 | die übrigen güter stürtzen oder verderben sie. Die Gelehrsamkeit, | ||||||
07 | Nachruhm, Reichthum: alle haben nicht das wahre Gut bey sich. Also | ||||||
08 | macht die Tugend nur das wahre Glük, welche so wohl in dem überfluß | ||||||
09 | als in dem Mangel, in dem Weinen sowohl als in der Frohlichkeit etwas | ||||||
10 | findet, was sie befriedigt. Da die Tugend also keinen Mangel findet, so | ||||||
11 | gilt wünschen nichts. | ||||||
12 | Die Eigenliebe, die sich mit Gottes und des Nächsten Liebe verbindet, | ||||||
13 | macht der Menschen glük aus. Je großer die Liebe, je weiter ausgestrekt: | ||||||
14 | desto größer ist das Glück. Gott fängt von der Liebe beym gantzen an | ||||||
15 | und erstrekt sie bis zu den Theilen, die Menschenliebe aber fängt von sich | ||||||
16 | selber an und verbreitet sich nach und nach über das Gantze. Einen solchen | ||||||
17 | lacht die Erde von allen Seiten an, und die Gottheit sieht selber ihr Bild | ||||||
18 | in seiner Seelen. | ||||||
3704. α1. L Bl. D 32. S. I—IV. R I 295—299. |
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22 | Der optimismus ist diejenige Lehrverfassung, die aus der Voraussetzung | ||||||
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