Kant: AA XVI, L §. 422-426. IX 149. §. 117. [Analytische ... , Seite 790 |
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01 | (g so daß, wenn alles Griechisch aufhörete, kein mensch wüßte, wie er | ||||||
02 | seelig werden solte ), oder damit den Menschen ihre Rechte unter einander | ||||||
03 | zugetheilt (g und ) verwaltet werden. In beyden Fallen sind keine andere | ||||||
04 | Regeln zu geben nöthig als die, so einen ieden sein Natürlicher Verstand | ||||||
05 | lehrt, wenn er handelt oder sich aus seinen Handlungen ein Recht gegen | ||||||
06 | andere vorstellt. Tiefe, verborgene Gründe des Rechts, an die kein | ||||||
07 | Mensch in seinen bürgerlichen Handlungen sich beyfallen läßt, können, | ||||||
08 | wenn sie gleich darin liegen, ihm nicht zu statten kommen. Wenn die | ||||||
09 | currente regeln der Vernunft nicht zu bestimmen können, was zu thun | ||||||
10 | sey, so kann man unrecht haben, blos weil man nicht Gelehrt ist oder einen | ||||||
11 | Gelehrten gefragt hat. Die positive Gesetze müsten einen ganz | ||||||
12 | collection ausmachen. Im Processe müssen die parten nicht als Gelehrte | ||||||
13 | betrachtet werden, folglich der advocat (g der nur ihre Foderung in | ||||||
14 | Ordnung bringt ) nicht als gelehrter sie vorstellen, d. i. feiner vernünfteln | ||||||
15 | als sie können. Jeder Einer muß den rechtsgrund anführen, worauf er | ||||||
16 | seine Foderung gegründet hat, der andre seine Befugnis rechtfertigen. | ||||||
17 | Keiner über das recht überhaupt vernünfteln, sondern nur, was seine | ||||||
18 | Gesinnung in dem Rechtshandel war, und seine Meinung vom Recht vortragen, | ||||||
19 | der Richter aber den Rechtsgrund der Entscheidung vortragen. | ||||||
20 | Das Unnütze in allem diesen muß die philosophie bestimmen. Es kommt | ||||||
21 | hiebey alles darauf an, daß Handlungen unter Regeln, und zwar allgemeine | ||||||
22 | practische Regeln gebracht werden. Es ist immer ein unterschied | ||||||
23 | zwischen dem allgemeinen bürgerlichen Recht und dem der willkührlichen | ||||||
24 | Verfassung zu machen. Es ist auch ein unterschied zwischen dem Nutzen | ||||||
25 | zu machen der Gelehrsamkeit, die das Urtheil des richters schärft, und | ||||||
26 | dem rechtsgrunde, worauf die parten sich stützen können. | ||||||
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