Kant: AA XV, Zweiter Anhang Medicin. , Seite 974

   
         
 

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  01 oder sie uns vorsetzlich zu geben, um sie methodisch zu behandeln, da sie    
  02 von der besonderen Art ist, daß wenn die Einimpfung einmal glücklich    
  03 gelungen ist, man jene nicht noch zum zweyten Mal befürchten darf.    
         
  04 Wie es einmal mit unserer Gattung steht, so ist das Pockenübel und    
  05 die damit verbundene Gefahr    
         
  06 Hier bricht das Fragment plötzlich ab und Kant behandelt sein    
  07 eigentliches Thema der Physik weiter fort, Am Rande auf derselben    
  08 Seite hat er an zwei verschiedenen Stellen noch folgendes bemerkt:    
         
  09 Die Glückseeligkeitslehre ist das Princip der Gymnastik (negativ    
  10 sustine et abstine) und das Wohlseyn (salus) mens sana in corpore    
  11 sano, setzt doch Moral voraus.    
         
  12 Fiat exper. in corpore vili, und unter die vilia wird jeder Unterthan,    
  13 der nicht zugleich gesetzgebend (nicht republicanisch) ist, verstanden. Pockeneinimpfung    
  14 gehört also unter den Titel der heroica.    
         
   

 

1553.   ω5.   L Bl. aus dem nachgelassenen Ms. (vgl. XIV S. XXV).   A. M. XXII 395—397.
 
   
  17
Über die Pockennoth.
   
         
  18 Die Größte Gefahr für Menschen in ihrem Verkehr unter einander    
  19 ist die, Anderen Unrecht zu thun. Unrecht zu leiden ist hingegen für nichts    
  20 zu achten. Und es zu dulden, ist oft gar verdienstlich, wenn man hoffen    
  21 darf, daß eine solche Toleranz den Muthwillen zu beleidigen nicht noch    
  22 verstärken dürfte.    
         
  23 Unter den mancherley Nöthen, die das Schicksal über das menschliche    
  24 Geschlecht verhängt hat, ist eine Noth, Krankheiten, wegen deren man in    
  25 größerer Gefahr ist, wenn man sich der Natur ueberläßt, als wenn man    
  26 ihr zuvorkommt und sie sich selbst zufügt, um sie mit mehrer Sicherheit    
  27 heilen zu können, nämlich die Pockennoth, von welcher hier nun die    
  28 moralische Frage ist: ob der vernünftige mensch sich und anderen, die    
  29 kein Urtheil haben (Kindern) die Blattern durch Einimpfung zu geben    
  30 befugt sey, oder ob diese Art, sich in Gefahr des Todes (oder der Verstümmelung)    
  31 zu setzen, nicht gäntzlich moralisch unzuläßig sey, hierüber    
     

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