Kant: AA XV, Reflexionen zur Anthropologie. , Seite 545 |
||||||||
Zeile:
|
Text:
|
Verknüpfungen:
|
|
|||||
01 | (Be)Herrschen des Staats geboh gehören, sonst keinen Herrenstand | |||||||
02 | geben; denn sonst hätte der Unterthan zwey hochste Obrigkeiten. | |||||||
03 | Der Adel kan eine zwiefache absicht Bestimmung haben: entweder | |||||||
04 | zur Begünstigung der Obersten Macht im Staate, das Volk mehr zu | |||||||
05 | einem absoluten Willen unterwürfig zu machen, oder Umgekehrt zu Begünstigung | |||||||
06 | der allgemeinen Freyheit, der despotischen Anmaßung der | |||||||
07 | Oberen Macht zu wiederstehen. Oder er hat nur die Bestimmung, die | |||||||
08 | Subordination und zugleich den Ehrbegrif im Kriegswesen als Werkzeug | |||||||
09 | der Obersten Macht zu befördern. | |||||||
10 | Der Adel, welcher von einem vereinigten Volk selbst eingesetzt werden | |||||||
11 | könnte, würde ein Stand seyn, dessen Würde es zuwieder waere, seine Erhaltung | |||||||
12 | auf ein Lohngeschäfte zu Gründen. Der also kein eigentlich Gewerbe | |||||||
13 | (es sey der Industrie oder freyer Künste oder des Handels) triebe, | |||||||
14 | wo er sich fürs Brodt Befehlen anderer unterwerfen müßte. Er würde | |||||||
15 | also eine liberale Erziehung, d. i. die nach (g dem ) Ehrprincip als Endzwek, | |||||||
16 | nicht blos als Mittel eingerichtet werden müßte, bekommen, und das | |||||||
17 | bestimmte Mittel seines Unterhalts müßte der Nutze vom Landeigenthum | |||||||
18 | seyn. Nun haben alle alte Staaten, welche Adel enthielten, auch Sclaven | |||||||
19 | gehabt (Grichen, Römer, Deutsche, Tatern und Mongolen); und in | |||||||
20 | neueren, wo sie deren nicht hatten, waren sie in monarchisch-souverainen | |||||||
21 | (despotischen) (g avtocratischen ) Staaten, dient der Adel nur die übrige | |||||||
22 | Unterthanen mehr zu belästigen. In einem Freystaate dagegen müßte er | |||||||
23 | kein Vorrecht haben als das des Landeigenthums. Seine Kinder müßten | |||||||
24 | dem Staate in einer Angelegenheit desselben, welche nur durch Ehrbegierde | |||||||
25 | gehorig betrieben werden kan (im Kriege), allein dienen; und, gingen sie | |||||||
26 | aus diesem Stande in ein Gewerbe, so müßte ihr Adel erlöschen. | |||||||
[ Seite 544 ] [ Seite 546 ] [ Inhaltsverzeichnis ] |
||||||||