Kant: AA XV, Reflexionen zur Anthropologie. , Seite 435

   
         
 

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    990.   ψ3—4.   L Bl. M 25.   S. II.
 
   
  02 Geniemäßig tief verwickelte philosophische Fragen zu behandeln: auf    
  03 diese Ehre thue ich ganzlich verzicht. Ich unternehme es nur, sie schulmäßig    
  04 zu bearbeiten. Wenn hierin die Arbeit, die stetigen Fleis und    
  05 Behutsamkeit bedarf, gelungen ist, so bleibt es wahren Genies über    
  06 (nicht denen, die aus Nichts alles zu machen unternehmen) überlassen,    
  07 den erhabenen Geistesschwung damit zu verbinden und so den Gebrauch    
  08 trockener Principien in Gang zu bringen.    
         
  09 Dichtkunst ist eigentlich die Belebung des Geistes. Wohlredenheit,    
  10 durch Dichtungskunst geschwängert, ist wahre Beredsamkeit; sonst ist es    
  11 Rhetorik oder — — bricht ab.    
         
   

 

991.   ψ4.   L Bl. Ha 47.
 
   
  13 S. I:    
         
  14 Wenn Beredsamkeit in einem Volke hoch steigt, so ist es im Fallen,    
  15 weil es durch Blendwerke hingerissen wird. Das bloße Wort Bereden    
  16 drükt schon den Betrug aus, nicht überführen oder überzeugen.    
         
  17 Music und Poesie bewegen durch nichts als Einbildung und Wohlklang.    
         
  19 Die Beredsamkeit sucht sich des Verstandes vermittelst der Sinnlichkeit    
  20 und dem Scheine zu bemächtigen. Die Poësie belustigt blos die    
  21 Sinnlichkeit und läßt den Verstand frey.    
         
  22 S. II:    
         
  23 (Redseeligkeit) Beredtheit, Wohlredenheit und Beredsamkeit. Die    
  24 erste ist der reichthum der Einkleidung der Gedanken im Sprechen, Wohlredenheit    
     

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