Kant: AA XV, Reflexionen zur Anthropologie. , Seite 340 |
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776. π—ρ. M 309'. E I 418. |
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02 | Von der Gewonheit, selbst das Betragen seiner Freunde im Umgange | |||||||
03 | und im Leben unter Begriffe zu bringen, die allgemein etwas bestimmen. | |||||||
777. π. M 321'. E I 632. |
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05 | Die Deutschen scheinen mehr Geschmak im Essen und Trinken zu haben | |||||||
06 | als Englaender und sind daher Gesellschaftlicher und Gastfreyer. Denn sie | |||||||
07 | haben gefallen an langen Mahlzeiten, welches ihr phlegma beweiset. | |||||||
778. π. M 321'. |
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09 | Die Deutschen sind von talent Nachahmer. Diese Benennung ist in | |||||||
10 | schlimmerem Ruf, als sie es verdient. Nachahmen ist ganz was anderes | |||||||
11 | als copiren, und dieses was anderes als nachäffen. Nachahmen ist nicht | |||||||
12 | so weit vom genie entfernt, als man wohl denkt. Es giebt keinen Fortschritt | |||||||
13 | des Geistes, keine Erfindung, ohne das, was man schon kennt, in | |||||||
14 | neuer Beziehung nachzuahmen. So ahmte newton den Fall des Apfels | |||||||
15 | nach, und Kepler, indem er die harmonische verhalt proportionen nachahmte, | |||||||
16 | verdiente den Nahmen eines Gesetzgebers des Sternenhimmels. | |||||||
17 | Auch Beyspiele nachzuahmen ist der wahre Leitfaden vor das genie. Aber | |||||||
18 | nicht den Buchstaben und das Persohnliche, sondern den Geist derselben. | |||||||
19 | Das erstere heißt Nachäffen. Milton ahmete die großen Dichter nach, | |||||||
20 | aber nicht als copie das original, sondern als ein Meister Lehrling die | |||||||
21 | Lehrer, um sie zu übertreffen. Die Nachahmung ist der bescheidene und | |||||||
22 | sichere Gang des genies, welches den Weg, den es unternimmt nach denen | |||||||
23 | Versuchen beurtheilt, die andre gemacht haben. Es gab keinen großen | |||||||
24 | Meister, der nicht nachahmete, und keine Erfindung, die nicht im Verhältnis | |||||||
25 | ent den wie ein Verhaltnis angesehen werden kan, welches einem Vorhergehenden | |||||||
26 | gleichmäßig ist. Alles steht im Gesetze der continuitaet, und, | |||||||
27 | was ganzlich abgebrochen ist und wozwischen und dem alten eine Kluft | |||||||
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