Kant: AA XV, Reflexionen zur Anthropologie. , Seite 306

   
         
 

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    686.   κ — λ.   M 242d.   Mit Bezug auf den Anfang von M §. 651?
 
   
  02 Die Beschauung des Schönen ist eine Beurtheilung und kein Genus.    
  03 Diese Erscheinung macht wohl einiges Vergnügen, aber bey weitem nicht    
  04 im Verhältnis auf das Urtheil des Wohlgefallens an der Schönheit, sondern    
  05 dieses besteht blos in dem Urtheil über die allgemeinheit des Wohlgefallens    
  06 an dem Gegenstande. Daraus ist zu sehen, daß, weil diese    
  07 allgemein gültigkeit unnütz ist, so bald die Gesellschaft fehlt, auch alsdenn    
  08 aller Reitz der Schönheit verlohren gehen würde, eben so wenig würde    
  09 auch einige Neigung zur Schonheit in statu naturali solitario entspringen.    
         
   

 

687.   κ — λ.   M 242d.   E I 232.   Mit Bezug auf den Anfang von M §. 651?
 
   
  12 Die größere Beurtheilung der Erscheinungen ist der gesunde Verstand;    
  13 die der Beschaffeneit der Sache selbst: gesunde Vernunft. In    
  14 ansehung dessen, was Gefällt, ist ienes der richtige Geschmak, dieses das    
  15 sentiment.    
         
  16 Die Vernunft ist entweder dogmatisch oder empirisch. Die letztere    
  17 giebt auf dasienige Acht, was nicht in der allgemeinen Regel enthalten    
  18 ist, und ersetzt dadurch ihre Mangelhaftigkeit. Ja, weil auch empirische    
  19 Sätze nur eine p tolerable Allgemeinheit haben und in den meisten    
  20 Fällen zutreffen, so ersetzt verbessert die Gesunde Vernunft die Fehler, die    
  21 aus der dogmatischen entspringen können. Die dogmatische Vernunft ist    
  22 nur eine Krücke der Synthesis bey Gegenständen der Erfahrung, deren    
  23 man sich zur Erleichterung bedient. Es lassen sich nicht alle mannigfaltige    
  24 Stücke der Erfahrung unter Regeln bringen, viel weniger die Bedingungen,    
  25 unter welchen ederzei ieder einzelne Fall unter einer allgemeinen Regel    
  26 subsumirt werden kann. Desfalls muß man sich auf eine Versuchte Gesunde    
  27 Vernunft verlassen. Doch hilft die Gesunde Vernunft in denen    
  28 Wissenschaften nicht, deren Natur darin besteht, daß man alles aus allgemeinen    
  29 und reinen Vernunftbegriffen ableite, z. E. Mathematik und    
  30 Metaphysic. Die Gesunde Vernunft kann niemanden gelehrt werden.    
         
     

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