Kant: AA XV, Reflexionen zur Anthropologie. , Seite 282 |
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01 | diesen Reitz von der Schönheit abzusondern; aber man darf nur alle unsere | |||||||
02 | besondere bedürfnisse und privatverheltnisse, darin wir uns von anderen | |||||||
03 | unterscheiden, weglassen, so bleibt das kaltsinnige Geschmaksurtheil übrig. | |||||||
04 | Der Schuldthurm bleibt in dem Urtheile des Kenners, der ihn ohne Abscheu | |||||||
05 | nicht sehen kan, gleichwohl ein schön Gebäude; aber dieses Urtheil ist ohne | |||||||
06 | allen Reitz, im Geschmak gefällt es, aber in der Empfindung misfällt es. | |||||||
641. κ1—2. M 230'. |
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08 | Gleichwie die Urtheile des Geschmaks mit Empfindungen untermengt | |||||||
09 | seyn, so sind die Urtheile Beurtheilungen des Guten und Bösen niemals | |||||||
10 | vollig rein, sondern haben einen starken zusatz von eingemengten Vorstellungen, | |||||||
11 | von schönheit oder Reize. Die Wohlthätigkeit empfängt durch | |||||||
12 | Ehre, durch Gegenliebe, durch die schmeichelhaften Zurech Selbstzurechnungen | |||||||
13 | fremder Glükseeligkeit starke empfehlungsgründe. Ist die Grosmuth | |||||||
14 | gegen ein Frauenzimmer, das jung und schön ist, gerichtet, so erhöhen | |||||||
15 | sich alle diese Reitze durch den Antheil ans Geschlecht. | |||||||
642. κ2. M 230'. |
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17 | Die Neigungen zu werden alle zu moralischen analogis, wenn sie | |||||||
18 | insgesamt der Ehrliebe, so wohl der inneren als äußeren, untergeordnet | |||||||
19 | werden. Diese, wenn sie die unverstelte Ehre ist, zuletzt, wenn sie die | |||||||
20 | wahre Ehre ist, nemlich auf das, was jederman durch sentiment ehrt. | |||||||
21 | auf die selbständige Ehre, was iedermann ehrenwerth fühlt und niemals | |||||||
22 | durch Privatverhältnisse verdunkelt wird. | |||||||
23 | Die Zweyte Neigung ist die zur Freyheit des sentiments, nicht der | |||||||
24 | Gemächlichkeit, daß man nicht genöthigt sey, verstelte Schmeicheley auszuüben | |||||||
25 | oder ein Werkzeug des Lasters zu seyn. | |||||||
26 | Die dritte zum Vermögen, gute Zweke vollführen zu können. | |||||||
27 | Die vierte: die Gesellschaftliche Neigung. | |||||||
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