Kant: AA XIV, Physische Geographie. , Seite 561

     
           
 

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  01 auf das Luftmeer in gewissem Grade erstrecken muß. Wären keine andern,      
  02 als diese angeführten Principien der Luftbewegung anzutreffen,      
  03 und die Fläche der Erde wäre allerwärts mit einem tiefen Meere bedeckt,      
  04 so würde man mit Grund hoffen können, den Windwechsel auf Regeln zu      
  05 bringen und ihn einer sichern Theorie zu unterwerfen. Nun aber macht      
  06 sowohl die abstechende Mannigfaltigkeit von See und Land, als auch der      
  07 unbekannte Einfluß, den die Ausdünstungen auf den Luftkreis haben      
  08 mögen, einen besondern Grund der Windveränderungen, davon man,      
  09 welches am beschwerlichsten ist, gar kein Gesetz kennt. Denn wer weiß,      
  10 worin sich eigentlich Landluft und Seeluft unterscheiden, und in welchem      
  11 Einverständniß die Atmosphäre mit den tiefen und ungesehenen Grüften      
  12 der Erde stehen möge, da sich bisweilen bei den Erdbeben sehr deutliche      
  13 Beweisthümer davon blicken lassen!      
           
  14 Es ist vielleicht nicht ohne Nutzen zu bemerken, daß wenn man die      
  15 Oberfläche der Erde mathematisch und ohne die physische Mannigfaltigkeit      
  16 betrachtet, die Winde aus Süden oder Norden, und also die in dem      
  17 Mittagskreise eine viel leichtere Begreiflichkeit versprechen, als die aus      
  18 Westen und Osten, und zwar um eben derselben Gründe willen, warum      
  19 es leichter ist, den Unterschied der Breiten als den der Längen in der      
  20 Geographie zu finden. Denn die Lage der Örter der Erde in Ansehung      
     

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