Kant: AA XII, Briefwechsel 1797 , Seite 213 |
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| 01 | man hält sie gänzlich für empirisch, so daß die Kategorie Realität mit der | ||||||
| 02 | Erzeugung des Empirischen eins und ebendasselbe sei; wie HE Beck. Ich | ||||||
| 03 | bin hier anderer Meinung, glaube auch die Kritik der r. V. hier anders verstehen | ||||||
| 04 | zu müssen. - Hier ist meine Darlegung, von welcher ich zu wissen | ||||||
| 05 | wünschte, ob sie Ihnen, der Sache und der Klarmachung nach, genüge. | ||||||
| 06 | Iede Empfindung, als solche, (als empirisches Bewußtsein) enthält | ||||||
| 07 | zweierlei, etwas Subiektives und Obiektives. Ienes gehört dem | ||||||
| 08 | Sinne und ist das Empirische (in strengster Bedeutung), dieses gehört | ||||||
| 09 | der Apperception und ist das Reine (in strengster Bedeutung). Was | ||||||
| 10 | ist es nun, das der Apperception als solcher, in ieder Empfindung | ||||||
| 11 | gehört? Ich antworte: Das, wodurch sie ein Quale überhaupt ist*). | ||||||
| 12 | Die Function des Selbstbewußtseins unter dem Titel der Qualität besteht | ||||||
| 13 | im Setzen. Der Actus des Setzens ist Bedingung a priori der | ||||||
| 14 | Apperception, mithin Bedingung der Möglichkeit alles empirischen Bewußtseins. | ||||||
| 15 | Das Setzen, als Function des Gemüths, ist Spontaneität | ||||||
| 16 | und, wie alle Function des Selbstbewußtseins, ein selbstthätiges Zusammen | ||||||
| 17 | setzen, folglich Function der Einheit. Die Einheit im | ||||||
| 18 | Setzen ist nur dadurch möglich, daß die Apperception ihr Setzen bestimme. | ||||||
| 19 | Bestimmung des Setzens ist Bedingung der Möglichkeit der | ||||||
| 20 | Einheit des Setzens. Die Function der Bestimmung des Setzens besteht | ||||||
| 21 | aber in der Verknüpfung des Setzens und Nichtsetzens zu einem | ||||||
| 22 | Begriff (als Actus der Spontaneität) d. i. Gradesbestimmung | ||||||
| 23 | (Gradation). Das bestimmte Setzen ist also mit der Gradesbestimmung | ||||||
| 24 | einerlei, und wie das Setzen ursprüngliche Function der Apperception | ||||||
| 25 | ist, so ist die Gradesbestimmung (Gradation, Limitation, Verknüpfung | ||||||
| 26 | des Setzens und Nichtsetzens zu einem Begriff,) Bedingung a priori | ||||||
| 27 | der Einheit des Setzens. Die Function der Einheit dieses Setzens | ||||||
| 28 | heißt Gradesbestimmung (Intension) und das Produkt derselben ist | ||||||
| 29 | ein bestimmtes Reale (intensive Größe). Die auf solche Art erzeugte | ||||||
| 30 | Einheit ist keine Einheit der Menge, durch Synthesis der Theile zum | ||||||
| 31 | Ganzen, sondern Einheit schlechthin durch die sich im Setzen selbst bestimmende | ||||||
| 32 | Apperception. Es entspringt aber diese Einheit aus der | ||||||
| 33 | Verknüpfung des Setzens (=1) und Nichtsetzens (=0) zu einem | ||||||
| 34 | Begriff, da nun zwischen 0 und 1 unendliche Bestimmungen des Setzens | ||||||
| 35 | und Nichtsetzens zur Einheit möglich sind, so finden zwischen 1 und 0 | ||||||
| *) Empfindung nicht blos Anschauung | |||||||
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