Kant: AA XII, Briefwechsel 1797 , Seite 212

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
    787.      
  02 Von Iohann Heinrich Tieftrunk.      
           
  03 (Bruchstück.)      
           
  04 [5. Nov. 1797.]      
  05 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .      
           
  06 . . . . . . . . . . und Nacheinander liegt nicht in der      
  07 Kategorie Größe an sich, sondern entspringt erst durch Einfluß der      
  08 Apperception anf die Sinnlichkeit, indem Iene Diese, gemäß ihrer Form,      
  09 (ihrer Art, bestimmt werden zu können) bestimmt. Die Folge aus      
  10 dieser Bestimmung vermittelst der Einbildungskraft ist Erzeugung des      
  11 Raums und der Zeit, als formaler Anschauungen; wodurch dann die      
  12 Vorstellung des Außereinander und Nacheinander etc. möglich wird.      
           
  13 Das πρωτον ψευδος liegt darinn. Sinn, Einbildungskraft und      
  14 Apperception fallen in die Erzeugung der formalen Anschauung (Raum      
  15 und Zeit) zusammen und weil dies ist, so meint man, die Kategorie      
  16 (Größe) bestehe an sich auch in nichts anderm als in der Vorstellung      
  17 ( actu ) Raum und Zeit.      
           
  18 Man kann sich aber bewußtwerden, daß die ursprüngliche und      
  19 reine Apperception für sich bestehe und unabhängig von allem Sinnlichen      
  20 eine eigenthümliche Function des Gemüths, wie die oberste sei,      
  21 von welcher alle Erkenntniß anhebt, ob sie gleich nicht alles, was      
  22 zur Erkenntniß gehört, aus sich hergibt. Das Eigenthümliche der      
  23 Kategorie Größe (wodurch sie sich zugleich von der Form der Sinnlichkeit,      
  24 Raum und Zeit, unterscheidet) ist Actus der Einheit (Synthesis      
  25 intellectualis) des Gleichartigmannigfaltigen. Die Grundbedingung      
  26 dieses Actus der Einheit ist Synthesis zu Einem, dadurch wird möglich      
  27 Synthesis des Einen zu Einem, d. i. des Vielen und das Viele      
  28 wiederum zu Einem verbunden ist Alles. Hier ist noch gar nichts von      
  29 Raum und Zeit oder einem wirklichen Quantum enthalten; bloß die      
  30 Regel oder die Bedingung ist angegeben, unter welchen ein Quantum      
  31 allein appercipirt werden könne; es müsse nämlich ein Gleichartigmannigfaltiges      
  32 zu Einem, Vielem oder Allem synthesirt werden können:      
           
  33 Die größte Schwierigkeit scheint sich bei der Kategorie Qualität      
  34 hervorzuthun; weil es die feinste Spekulation erfordert, um hier das Reine      
  35 vom Empirischen abzusondern und aufzufassen. Man hält Empfindung      
  36 und Realität für einerlei, glaubt demnach alle Empfindung, z. B. so gar      
  37 Luft und Licht a priori deduciren zu können, wie HE. Fichte; oder      
           
     

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