Kant: AA XII, Briefwechsel 1797 , Seite 214

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 unendliche Grade statt, die aber immer Einheiten sind und darauf beruhen,      
  02 daß die Apperception ihr Setzen nach einer ihr a priori nothwendigen      
  03 Regel (der Gradation) bestimmt. Alles Dasein beruht nun      
  04 auch auf diesem ursprünglichen Setzen und das Dasein ist eigentlich      
  05 nichts anders, als ein Gesetztsein; ohne den ursprünglichen und reinen      
  06 Actus der Spontaneität (der Apperception) ist oder existirt nichts.      
  07 Die Gradesbestimmung in der Apperception ist also Princip aller Erfahrung      
  08 u.s.w.      
           
  09 In dem Obigen haben wir uns allein bei dem gehalten, was      
  10 Bedingung der Apperception a priori ist und es kam noch nichts von      
  11 dem Empirischen vor, was in der Empfindung enthalten ist. Damit      
  12 nun Empfindung werde, muß zu dem Actus der Apperception in der      
  13 Gradesbestimmung noch Einbildungskraft (die zusammensetzt nach der      
  14 Regel der Intension, nicht der Extension) und ein Mannigfaltiges      
  15 der Sinnlichkeit (durch welche sich das Gemüth zu sich selbst bloß receptiv      
  16 verhält) und zwar Materielles hinzukommen; durch den Einfluß      
  17 der Apperception auf die Materie der Sinnlichkeit, indem sie sie (vermittelst      
  18 der Einbildungskraft) zusammensetzt und auf Gradesbestimmung      
  19 im Setzen erhebt, entspringt Empfindung, welche zweierlei an sich hat;      
  20 erstlich etwas a priori, das ist, die Gradesbestimmung (Bestimmung      
  21 des Setzens zur Einheit der Apperception), zweitens etwas a posteriori,      
  22 das ist, das Materielle derselben. Ienes gibt die Apperception durch      
  23 Spontaneität, dieses empfängt sie, um es zu gradiren (um es der Intension,      
  24 als Bedingung des Selbstbewußtseins zu unterwerfen) wodurch      
  25 das an sich Rohe und Materielle (der Receptivität) Empfindung,      
  26 d.i., gradirte Auffassung des Mannigfaltiggleichartigen der Sinnlichkeit,      
  27 wird. Durch Beziehung der Gradesbestimmung in der Apperception      
  28 auf das Mannigfaltige des Sinnes wird dieses ein Gesetztes,      
  29 ein Daseiendes; das nun fernerhin den Principien der Apperception      
  30 unter dem Titel der Relation anheim fällt.      
           
  31 Auf solche Art bleibt mir nun das in voller Kraft, was die      
  32 Kritik (S. 217 ff.) sagt: "In allen Erscheinungen hat das Reale, was      
  33 ein Gegenstand der Empfindung ist, einen Grad". Ich sage: in voller      
  34 Kraft: daß nämlich dieser Satz synthetisch und zwar a priori synthetisch      
  35 ist. Ferner: "das Reale, was den Empfindungen überhaupt      
  36 correspondirt, im Gegensatz mit der Negation (- 0) stellt nur etwas      
  37 vor, dessen Begriff an sich ein Seyn enthält und bedeutet nichts als      
           
     

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