Kant: AA XII, Briefwechsel 1795 , Seite 048

     
           
 

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  01 kümmern Ihnen diese Menschen, Sie haben den herzlichen Dank aller      
  02 gutgesinnten; und ich wünschte nur Ihnen beschreiben zu können, mit      
  03 welchem innigen Entzücken unsere besten Köpfe Ihre Schrift gelesen      
  04 haben. Die Nachwelt wird es Ihnen erst danken, wenn sie die Früchte      
  05 Ihrer Arbeit genießen wird.      
           
  06 Sie wundern sich über die Erscheinungen in unserer Berliner      
  07 Akademie. Was die auch thun mag, wundert mich nicht mehr. Da      
  08 sie die Frage wegen des Fortschreitens der Metaphysik seit Leibnitz      
  09 aufwerfen konnte, ohne die question prealable ob es überhaupt nur      
  10 Metaphysik gäbe, vorangehen zu laßen, so war es auch nicht zu verwundern,      
  11 daß sie Schwab, Abicht, Reinhold, so rangirte. Hat sie      
  12 doch die Frage aufgeworfen, ob es erlaubt sei das Volk zu täuschen?      
  13 und den Preis zwischen der Bejahung und Verneinung getheilt.      
  14 Hat sie doch gefragt, woher es komme, daß wir die Gegenstände aufrecht      
  15 sehen? - Auch die Preisaufgabe über die Sprachen, bei der der      
  16 Prediger Iänisch den Preis erhielt, gehört zu ihrer Characteristik, weil      
  17 die Männer über eine Abhandlung urtheilten, die den Geist von 13      
  18 Sprachen darlegte, von denen viele ihnen gänzlich unbekannt waren;      
  19 aber auch selbst von dieser Preisschrift des Iänisch muß ich Ihnen      
  20 eine sonderbare Anecdote erzählen. Sie wissen Iänisch hat unter      
  21 andern den Geist der russischen Sprache dargestellt. Vor ungefähr      
  22 14 Tagen war ich bei einem russischen Kaufmann, den ich in Carlsbad      
  23 kennen gelernt hatte und der sich seiner Gesundheit wegen in Berlin      
  24 aufhält und einer meiner Zuhörer ist, zu Tische und hier fand ich      
  25 den Prediger der russischen Gesandschaft. Bei Tische fiel das Gespräch      
  26 auf die russische Sprache und auf die Schwierigkeiten mit denen man      
  27 bei Erlernung derselben zu kämpfen habe; und da erzählte uns der      
  28 Prediger, HErr Iänisch sei als er um den Preis bei der gedachten      
  29 Aufgabe der Akademie concurriren wollte, zu ihm gekommen und habe      
  30 ihn gebeten, ihm in der russischen Sprache Unterricht zu geben; er      
  31 habe dis aber abgelehnt, weil es ihm zu viel Beschwerde gemacht.      
  32 Darauf habe ihn Iänisch gebeten, ihm einen andern Sprachlehrer zu      
  33 diesem Behuf vorzuschlagen und er habe seinen Küster in Vorschlag      
  34 gebracht. Iänisch habe auch 14 Tage bei diesem Unterricht genommen      
  35 und ihn dann mit einem Dukaten belohnt entlaßen. - Auf diese      
  36 Weise hat I. den Geist der russischen Sprache kennen gelernt,      
  37 wieviel beßer seine Richter unterrichtet gewesen sind, kann ich nicht      
           
     

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