Kant: AA XI, Briefwechsel 1789 , Seite 037

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 dem Begriffe der Materie machen Ausdehnung und Undurchdringlichkeit      
  02 das ganze logische Wesen aus, nämlich alles, was nothwendiger      
  03 Weise und primitiv in meinem und jedes Menschen Begriffe davon      
  04 enthalten ist. Aber das Realwesen der Materie, den ersten inneren      
  05 hinreichenden Grund alles dessen was nothwendig der Materie zukommt,      
  06 zu erkennen, übersteigt bey weitem alles menschliche Vermögen      
  07 und, ohne einmal auf das Wesen des Wassers der Erde und jedes      
  08 andern empirischen Obiects zu sehen, so ist selbst das realwesen von      
  09 Raum und Zeit und der erste Grund, worum jenem dreye dieser nur      
  10 eine Abmessung zukomme, uns unerforschlich; eben darum, weil das      
  11 logische Wesen analytisch, das Realwesen synthetisch und a priori erkannt      
  12 werden soll, da dann ein Grund der Synthesis der erste seyn      
  13 muß, wobey wir wenigstens stehen bleiben müssen.      
           
  14 Daß die Mathemat. Urtheile nichts als synthetische Attribute      
  15 geben kommt nicht daher, weil alle synthetische Urtheile a priori es      
  16 blos mit Attributen zu thun haben, sondern weil Mathematik nicht      
  17 anders als synthetisch und a priori urtheilen kan. S. 314. wo Eb.      
  18 dergleichen Urtheil zum Beyspiele anführt, sagt er wohlbedächtig: "Ob      
  19 es dergleichen auch ausser der Mathem. gebe mag vor der Hand ausgesetzt      
  20 bleiben" Warum gab er unter den verschiedenen, die in der      
  21 Metaph: angetroffen werden, nicht wenigstens eins zur Vergleichung?      
  22 Es muß ihm schweer geworden seyn, ein solches auszufinden, was      
  23 diese Vergleichung aushielte. Aber S. 319 wagt er es mit folgendem,      
  24 von welchem er sagt, es ist augenscheinlich ein synthetischer Satz; aber      
  25 er ist augenscheinlich analytisch und das Beispiel ist verunglückt. Es      
  26 heißt: alles nothwendige ist ewig; alle nothwendige Warheiten      
  27 sind ewige Warheiten. Denn, was das letztere Urtheil betrift,      
  28 so will es nichts weiter sagen, als nothwendige Warheit ist auf      
  29 keine zufällige Bedingungen (also auch nicht auf irgend eine Stelle in      
  30 der Zeit) eingeschränkt; welches mit dem Begriffe der Nothwendigkeit      
  31 identisch ist und einen analytischen Satz ausmacht. Wolte er aber      
  32 sagen, die nothwendige Warheit existirt wirklich zu aller Zeit, so ist      
  33 das eine Ungereimtheit, die man ihm nicht zumuthen kan. Den ersten      
  34 Satz konnte er aber eben um deswillen nicht von der Existenz eines      
  35 Dinges zu aller Zeit verstehen, sonst hätte der zweyte damit gar      
  36 keine Verbindung. (Anfänglich glaubte ich die Ausdrücke: ewige      
  37 Warheiten und im Gegensatze Zeitwarheiten wären nur ein, obzwar      
           
     

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