Kant: AA X, Briefwechsel 1785 , Seite 425

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 wenig, als er sich selbst durch den ausgepreßten Saft des Chelidonii,      
  02 helfen können. Die dafür ausgelegte, imgleichen die für Ihre Bemühung      
  03 gebührende Kosten, sollen auf das prompteste, durch den Kaufmann      
  04 HEn Saltzmann in Berlin, bezahlt werden, als worauf, daß es      
  05 gesche, ich selbst sehen werde. Die Beschleunigung dieser Ihrer Mühwaltungen      
  06 und Absendung des Arzneymittels mit der ersten fahrenden      
  07 Post allenfalls direct an HEn Kriegsrath Heilsberg so bald als es      
  08 möglich ist, werden Sie so gütig seyn sich angelegen seyn zu lassen;      
  09 ich möchte meinem so lange geplagten Freunde gerne bald geholfen      
  10 wissen. Unveränderlich bin ich mit Herzensgesinnung und Hochachtung      
           
  11   Ihr      
  12   ergebenster alter Freund u. Diener      
  13   I Kant      
           
           
    255.      
  15 Von Marcus Herz.      
           
  16 25. Nov. 1785.      
           
  17 Lieber, theurer, verehrungswürdiger Lehrer! Daß Ihnen der      
  18 Himmel noch so viele vergnügte und glückliche Iahre hiniden genießen      
  19 lasse, als Ihr lieber Brief mir vergnügte und glückliche Stunden gemacht.      
  20 Ich habe schon lange keinen von Ihnen gehabt, und mein      
  21 Herz hängt noch so fest an Ihnen, lechzt noch so oft nach Unterredungen      
  22 mit Ihnen, daß, ohne die Gegenwart Ihres Bildes in meiner Stube,      
  23 das ich bey jedem Denken und Forschen nach Wahrheit anstaune, und      
  24 das mich für jede gedachte und erforschte anzulächlen scheint, ich es      
  25 schwerlich fünfzehn Iahre ausgehalten haben würde, ohne einen Lauf      
  26 nach Königsberg zu machen, um noch einmal in meinem Leben wenigstens      
  27 vier u. zwanzig Stunden vor dem Munde meines würdigen      
  28 Lehrers und Freundes zu zubringen. Ha! das waren Zeiten, da ich      
  29 so ganz in der lieben ruhigen Philosophie und ihrem Kant lebte und      
  30 webte, da ich mit jedem Tage mich vollkommener und gebildeter als      
  31 den Tag vorher fühlte, da ohne Nahrungsgewerbe frey von Sorgen,      
  32 es werde mir meines Lehrers Beyfall und Aufmunterung      
  33 gewährt, mein einziger Morgen und Abendwunsch war, und der mir      
  34 so oft gewährt wurde; das waren! - Aber die Zeiten sind vorüber,      
  35 nun ist alles anders. Das praktische medicinische Leben ist das unruhigste      
  36 und beschwerlichste für Geist und Körper. Die Kunst ist      
           
     

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