Kant: AA X, Briefwechsel 1775 , Seite 184 |
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Text (Kant):
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| 01 | verklärt mir vollends mein Vaterland und gereicht fast zur absolution | ||||||
| 02 | meines Vetter Nabal zu Böhmisch Broda und seiner siechen Consorten | ||||||
| 03 | und Nachbarn. Mein Vetter Nabal soll für die Ehre, die er dem | ||||||
| 04 | Cicisbeo meiner Landsleute und ihrer schönen und braven Geister | ||||||
| 05 | während seiner dortigen Staats Geschäfte erwiesen, einen Gotteslohn | ||||||
| 06 | empfangen und ich werde getrost fortfahren ein Antipod der weltberühmten | ||||||
| 07 | preuß. National Falschheit und National Höflichkeit zu leben | ||||||
| 08 | und obendrein mir den Ruhm zuzueignen suchen dies Bonam Naturam | ||||||
| 09 | aus andern, vielleicht beßeren Grundsätzen, zu anderm, vielleicht | ||||||
| 10 | besserem Behuf anzuwenden - so wahr mir Gott helfe! Amen. | ||||||
| 11 | Ich eile nunmehr mit eiskaltem Blute zur Fortsetzung eines Versuchs, | ||||||
| 12 | den ich am weiland grünen Donnerstage angefangen und seit | ||||||
| 13 | dem fast aufgegeben hatte, wenn beyl. Eselsohr mir nicht zur Brücke würde | ||||||
| 14 | meinen Weg gemächlicher zu verkürzen - So wahr ist es daß alles | ||||||
| 15 | was aus Liebe kommt, zu unserm Besten dienen muß. | ||||||
| 16 | Einlage bitte mir noch heute zurück, weil ich gestern keinen einzigen | ||||||
| 17 | meiner Freunde habe auffinden können, die hoffentlich der Verwandlung | ||||||
| 18 | meines rechten [Ohres] sich nicht schämen werden, da sie | ||||||
| 19 | sich bey Philosophen ad modum Apulejus sich weiter erstreckt als | ||||||
| 20 | auf ein recht Ohr. | ||||||
| 21 | Allen den Ihrigen steht der psysiognostische A-stich ehstens nach | ||||||
| 22 | HerzensLust und selbstbeliebiger Weile zu Dienste und Geboth. | ||||||
| 23 | Uebrigens habe die Ehre mit unveränderter Gesinnung zu verharren | ||||||
| 24 | Ew. Wolgeboren | ||||||
| 25 | Meines HochstzuEhrenden HE. Professor | ||||||
| 26 | Am alten Graben | ergebenster Freund und Diener | |||||
| 27 | den 18 Julii 1775. | Iohann Georg Hamann. | |||||
| 104. | |||||||
| 29 | Von Iohann Heinrich Kant. | ||||||
| 30 | 16. Aug. 1775. | ||||||
| 31 | Liebster Bruder! | ||||||
| 32 | Eine Gelegenheit wie diese, an Dich zu schreiben, kan ich nicht | ||||||
| 33 | vorbeygehen lassen. Den Hrn. von Medem, der dir diesen Brief einhändiget, | ||||||
| 34 | kenne ich schon von den ersten Iahren seiner Kindheit. Er | ||||||
| 35 | ist der Sohn des Oberhoffmeisters an unsrem Hoffe. Ein Iüngling, | ||||||
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