Kant: AA X, Briefwechsel 1774 , Seite 171 |
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95. | |||||||
02 | Von Iohann Friedrich Schultz. | ||||||
03 | 4. Oct. 1774. | ||||||
04 | HochEdelgebohrner, Hochgelahrter | ||||||
05 | Insonders Hochgeehrter Herr | ||||||
06 | Professor. | ||||||
07 | Ewer HochEdelgebohrnen ist die Abschrifft meiner Gedanken Vom | ||||||
08 | Wesen der Religion, wie ich vernommen, zu Handen kommen; ich | ||||||
09 | empfinde ein großes Vergnügen an Dero Güte, daß sie sich die Mühe | ||||||
10 | nehmen wollen und das Werk durch zu lesen würdigen wollen, dabey | ||||||
11 | bitte gehorsamst mir Dero Einsichtvolles Urtheil und Gutachten hochgeneigt | ||||||
12 | zuertheilen. Meine Absicht ist gar nicht gewesen die Schrifft | ||||||
13 | durch den Druck bekant zu machen, indem ich meine Gedanken nur | ||||||
14 | zum Unterricht guter Freunde in meiner vormahligen Gemeine auffgesetzet. | ||||||
15 | Barthes aber komt zufalliger Weise über meine Handschrifft | ||||||
16 | und bittet umb Erlaubniß selbige abzuschreiben, welches zu seiner | ||||||
17 | Belehrung ihme vergönne. Da er mit der Schrifft nach Königsberg | ||||||
18 | zurükgehet, ersucht er mich mit vielem Bitten, wie aus deßen Briefe | ||||||
19 | zu ersehn, umb meine Einwilligung das Werk druken zu laßen, mit | ||||||
20 | dem Vorgeben, daß er es gelehrten Männern zur Prüffung gezeiget, | ||||||
21 | welche mit ihrem Beyfalle den Druk angerathen. Sein Begehren | ||||||
22 | wird von mir abgeschlagen. Bey wiederholter Bitte, nach Anzeigung | ||||||
23 | des andern Brieffes gebe zwar eine abgenöhtige Einwilligung, aber | ||||||
24 | unter der Bedingung, daß er Ewer HochW[ohl]Edelgebohrnen Gutachten | ||||||
25 | darüber einhole. Ietzo aber erfahre ich mit Verdruß, daß der unartige | ||||||
26 | Mensch mich getäuschet hat. | ||||||
27 | Mein Hoch Werthgeschätzter Herr Professor findet meine schlechte | ||||||
28 | Ausarbeitung einigen Beyfall; woran ich aber zweiffele, weil ich bey | ||||||
29 | meinem hohen Alter und dunkelen Augen sie nicht übersehen und ausfeilen | ||||||
30 | kan, so überlaße alles Dero Hochgeneigtem Wohlwollen und | ||||||
31 | Bestimung, die bemerkten und angezeigten Fehler werde als eine | ||||||
32 | gütige Belehrung mit höchstem Danke erkennen. In Rüksicht deßen, | ||||||
33 | daß ich in der nähesten Nachbarschafft mit Dero seeligem Herren Vater | ||||||
34 | Christian Kant, einem eintzigen Sohne Johann Kanten, als Kind erzogen | ||||||
35 | bin, und wir beyde hertzliche SchulFreundschafft unterhalten | ||||||
36 | haben, schmeichle ich mich mit der Hoffnung diese Ewer HochEdelgeb. | ||||||
37 | angeerbte Liebe zu erfahren, daß Sie mich mit einer hochgeneigten | ||||||
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