Kant: AA IX, Immanuel Kant über ... , Seite 496

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 und des Fleißes. Böse Menschen ermuntern zum Gesetze. Vögel, die      
  02 den Würmern nachstellen, sind Beschützer des Gartens, usw.      
           
  03 Man muß den Kindern also einige Begriffe von dem höchsten Wesen      
  04 beibringen, damit sie, wenn sie Andre beten sehen usw., wissen mögen,      
  05 gegen wen und warum dieses geschieht. Diese Begriffe müssen aber nur      
  06 wenige an der Zahl und, wie gesagt, nur negativ sein. Man muß sie ihnen      
  07 aber schon von früher Jugend an beizubringen anfangen, dabei aber ja      
  08 dahin sehen, daß sie die Menschen nicht nach ihrer Religionsobservanz      
  09 schätzen, denn ungeachtet der Verschiedenheit der Religionen giebt es doch      
  10 überall Einheit der Religion.      
           
  11 Wir wollen hier nun noch zum Schlusse einige Bemerkungen beibringen,      
  12 die vorzüglich von der Jugend bei ihrem Eintritte in die Jünglingsjahre      
  13 sollten beobachtet werden. Der Jüngling fängt um diese Zeit      
  14 an, gewisse Unterschiede zu machen, die er vorher nicht machte. Nämlich      
  15 erstens den Unterschied des Geschlechtes. Die Natur hat hierüber eine      
  16 gewisse Decke des Geheimnisses verbreitet, als wäre diese Sache etwas,      
  17 das dem Menschen nicht ganz anständig und blos Bedürfniß der Thierheit      
  18 in dem Menschen ist. Die Natur hat aber gesucht, diese Angelegenheit      
  19 mit aller Art von Sittlichkeit zu verbinden, die nur möglich ist.*) Selbst      
  20 die wilden Nationen betragen sich dabei mit einer Art von Scham und      
  21 Zurückhaltung. Kinder legen den Erwachsenen bisweilen hierüber vorwitzige      
  22 Fragen vor, z. E. wo die Kinder herkämen. Sie lassen sich aber      
  23 leicht befriedigen, wenn man ihnen entweder unvernünftige Antworten,      
  24 die Nichts bedeuten, giebt, oder sie mit der Antwort, daß dieses Kinderfrage      
  25 sei, abweist.      
           
  26 Die Entwickelung dieser Neigungen bei dem Jünglinge ist mechanisch,      
  27 und es verhält sich dabei, wie bei allen Instincten, daß sie sich entwickeln,      
  28 auch ohne einen Gegenstand zu kennen. Es ist also unmöglich, den Jüngling      
           
    *) Schön ist, was Cicero schon in Beziehung hierauf bemerkt: Principio corporis nostri magnam natura ipsa videtur habuisse rationem: quae formam nostram reliquamque figuram, in qua esset species honesta, eam posuit in promptu: quae partes autem corporis, ad naturae necessitatem datae, adspectum essent deformem habiturae atque turpem, eas contexit atque abdidit. Hanc naturae tam diligentem fabricam imitata est hominum verecundia, usw. Gerne schriebe ich diese ganze schöne Stelle hier ab, aber der Raum verbietet es mir, und sonach muß ich bitten, daß ein jeder sie de officiis Lib. I, c. 35 selbst nachlese. A. d. H.      
           
     

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