Kant: AA IX, Immanuel Kant über ... , Seite 475

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 nicht blos mechanisch, sondern mit dem Bewußtsein einer Regel      
  02 verfahre.      
           
  03 Es ist auch sehr gut, die Regeln in eine gewisse Formel zu bringen      
  04 und so dem Gedächtnisse anzuvertrauen. Haben wir die Regel im Gedächtnisse      
  05 und vergessen auch den Gebrauch: so finden wir uns doch bald      
  06 wieder zurecht. Es ist hier die Frage: sollen die Regeln erst in abstracto      
  07 vorangehn, und sollen Regeln erst nachher gelernt werden, wenn man den      
  08 Gebrauch vollendet hat? oder soll Regel und Gebrauch gleichen Schrittes      
  09 gehn? Dies letzte ist allein rathsam. In dem andern Falle ist der Gebrauch      
  10 so lange, bis man zu den Regeln gelangt, sehr unsicher. Die Regeln      
  11 müssen gelegentlich aber auch in Klassen gebracht werden, denn man behält      
  12 sie nicht, wenn sie nicht in Verbindung mit sich selbst stehen. Die      
  13 Grammatik muß also bei Sprachen immer in etwas vorausgehen.      
           
  14 Wir müssen nun aber auch einen systematischen Begriff von dem      
  15 ganzen Zwecke der Erziehung und der Art, wie er zu erreichen ist, geben.      
           
  16 1) Die allgemeine Cultur der Gemüthskräfte, unterschieden      
  17 von der besondern. Sie geht auf Geschicklichkeit und Vervollkommnung,      
  18 nicht daß man den Zögling besonders worin informire, sondern seine      
  19 Gemüthskräfte stärke. Sie ist      
           
  20 a) entweder physisch. Hier beruht alles auf Übung und Disciplin,      
  21 ohne daß die Kinder Maximen kennen dürfen. Sie ist passiv für den Lehrling,      
  22 er muß der Leitung eines Andern folgsam sein. Andere denken für ihn.      
           
  23 b) oder moralisch. Sie beruht dann nicht auf Disciplin, sondern      
  24 auf Maximen. Alles wird verdorben, wenn man sie auf Exempel,      
  25 Drohungen, Strafen usw. gründen will. Sie wäre dann blos Disciplin.      
  26 Man muß dahin sehen, daß der Zögling aus eignen Maximen, nicht aus      
  27 Gewohnheit gut handle, daß er nicht blos das Gute thue, sondern es      
  28 darum thue, weil es gut ist. Denn der ganze moralische Werth der      
  29 Handlungen besteht in den Maximen des Guten. Die physische Erziehung      
  30 unterscheidet sich darin von der moralischen, daß jene passiv für den      
  31 Zögling, diese aber thätig ist. Er muß jederzeit den Grund und die Ableitung      
  32 der Handlung von den Begriffen der Pflicht einsehen.      
           
  33 2) Die besondere Cultur der Gemüthskräfte. Hier kommt      
  34 vor die Cultur des Erkenntnißvermögens, der Sinne, der Einbildungskraft,      
  35 des Gedächtnisses, der Stärke der Aufmerksamkeit und des Witzes,      
  36 was also die untern Kräfte des Verstandes betrifft. Von der Cultur      
           
     

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