Kant: AA IX, Immanuel Kant über ... , Seite 468 |
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01 | denen man es wirklich gesehen hat, etwas sehr Vortheilhaftes, z. E. das | ||||||
02 | Vergnügen, sich aus einem Walde herauszufinden und zwar dadurch, da | ||||||
03 | man sich die Bäume merkt, an denen man vorher vorbeigegangen ist. So | ||||||
04 | auch die memoria localis , daß man z. E. nicht nur wisse, in welchem Buche | ||||||
05 | man etwas gelesen habe, sondern auch, wo es in demselben stehe. So | ||||||
06 | hat der Musiker die Tasten im Kopfe, daß er nicht mehr erst nach ihnen | ||||||
07 | sehen darf. Die Cultur des Gehörs der Kinder ist eben so erforderlich, | ||||||
08 | um durch dasselbe zu wissen, ob etwas weit oder nahe und auf welcher | ||||||
09 | Seite es sei. | ||||||
10 | Das Blindekuhspiel der Kinder war schon bei den Griechen bekannt, | ||||||
11 | sie nannten es μyινδα. Überhaupt sind Kinderspiele sehr allgemein. Diejenigen, | ||||||
12 | die man in Deutschland hat, findet man auch in England, | ||||||
13 | Frankreich usw. Es liegt bei ihnen ein gewisser Naturtrieb der Kinder | ||||||
14 | zum Grunde; bei dem Blindekuhspiele z. E. zu sehen, wie sie sich helfen | ||||||
15 | könnten, wenn sie eines Sinnes entbehren müßten. Der Kreisel ist ein | ||||||
16 | besonderes Spiel; doch geben solche Kinderspiele Männern Stoff zum | ||||||
17 | weitern Nachdenken und bisweilen auch Anlaß zu wichtigen Erfindungen. | ||||||
18 | So hat Segner eine Disputation vom Kreisel geschrieben, und einem | ||||||
19 | englischen Schiffscapitän hat der Kreisel Gelegenheit gegeben, einen | ||||||
20 | Spiegel zu erfinden, durch den man auf dem Schiffe die Höhe der Sterne | ||||||
21 | messen kann. | ||||||
22 | Kinder haben gerne Instrumente, die Lärm machen, z. E. Trompetchen, | ||||||
23 | Trommelchen und dergl. Solche taugen aber nichts, weil sie Andern | ||||||
24 | dadurch lästig werden. Dergleichen wäre indessen schon besser, wenn sie | ||||||
25 | sich selbst ein Rohr so schneiden lernten, daß sie darauf blasen könnten. | ||||||
26 | Die Schaukel ist auch eine gute Bewegung; selbst Erwachsene brauchen | ||||||
27 | sie zur Gesundheit, nur bedürfen die Kinder dabei der Aufsicht, weil die | ||||||
28 | Bewegung sehr geschwinde werden kann. Der Papierdrache ist ebenfalls | ||||||
29 | ein tadelloses Spiel. Es cultivirt die Geschicklichkeit, indem es auf eine | ||||||
30 | gewisse Stellung dabei in Absicht des Windes ankommt, wenn er recht | ||||||
31 | hoch steigen soll. | ||||||
32 | Diesen Spielen zu gut versagt sich der Knabe andere Bedürfnisse | ||||||
33 | und lernt so allmählich auch etwas Anderes und mehr entbehren. Zudem | ||||||
34 | wird er dadurch an fortdauernde Beschäftigung gewöhnt, aber eben daher | ||||||
35 | darf es hier auch nicht bloßes Spiel, sondern es muß Spiel mit Absicht | ||||||
36 | und Endzweck sein. Denn jemehr auf diese Weise sein Körper gestärkt | ||||||
37 | und abgehärtet wird, um so sicherer ist er vor den verderblichen Folgen | ||||||
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