Kant: AA IX, Immanuel Kant über ... , Seite 452

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 Die Erziehung schließt Versorgung und Bildung in sich. Diese      
  02 ist 1) negativ, die Disciplin, die blos Fehler abhält; 2) positiv, die      
  03 Unterweisung und Anführung, und gehört in so fern zur Cultur. Anführung      
  04 ist die Leitung in der Ausübung desjenigen, was man gelehrt      
  05 hat. Daher entsteht der Unterschied zwischen Informator, der blos      
  06 ein Lehrer, und Hofmeister, der ein Führer ist. Jener erzieht blos für      
  07 die Schule, dieser für das Leben.      
           
  08 Die erste Epoche bei dem Zöglinge ist die, da er Unterwürfigkeit und      
  09 einen passiven Gehorsam beweisen muß; die andere, da man ihm schon      
  10 einen Gebrauch von der Überlegung und seiner Freiheit, doch unter Gesetzen      
  11 machen läßt. In der ersten ist ein mechanischer, in der andern ein      
  12 moralischer Zwang.      
           
  13 Die Erziehung ist entweder eine Privat= oder eine öffentliche      
  14 Erziehung. Letztere betrifft nur die Information, und diese kann immer      
  15 öffentlich bleiben. Die Ausübung der Vorschriften wird der erstern überlassen.      
  16 Eine vollständige öffentliche Erziehung ist diejenige, die beides,      
  17 Unterweisung und moralische Bildung, vereinigt. Ihr Zweck ist: Beförderung      
  18 einer guten Privaterziehung. Eine Schule, in der dieses geschieht,      
  19 nennt man ein Erziehungsinstitut. Solcher Institute können      
  20 nicht viele und die Anzahl der Zöglinge in denselben kann nicht groß sein,      
  21 weil sie sehr kostbar sind, und ihre bloße Einrichtung schon sehr vieles      
  22 Geld erfordert. Es verhält sich mit ihnen, wie mit den Armenhäusern      
  23 und Hospitälern. Die Gebäude, die dazu erfordert werden, die Besoldung      
  24 der Directoren, Aufseher und Bedienten nehmen schon die Hälfte von dem      
  25 dazu ausgesetzten Gelde weg, und es ist ausgemacht, daß, wenn man      
  26 dieses Geld den Armen in ihre Häuser schickte, sie viel besser verpflegt      
  27 werden würden. Daher ist es auch schwer, daß andere als blos reicher      
  28 Leute Kinder an solchen Instituten Theil nehmen können.      
           
  29 Der Zweck solcher öffentlicher Institute ist: die Vervollkommnung der      
  30 häuslichen Erziehung. Wenn erst nur die Eltern oder andere, die ihre      
  31 Mitgehülfen in der Erziehung sind, gut erzogen wären: so könnte der      
  32 Aufwand der öffentlichen Institute wegfallen. In ihnen sollen Versuche      
  33 gemacht und Subjecte gebildet werden, und so soll aus ihnen dann eine      
  34 gute häusliche Erziehung entspringen.      
           
  35 Die Privaterziehung besorgen entweder die Eltern selbst, oder, da      
  36 diese bisweilen nicht Zeit, Fähigkeit, oder auch wohl gar nicht Lust dazu      
  37 haben, andere Personen, die besoldete Mitgehülfen sind. Bei der Erziehung      
           
     

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