Kant: AA IX, Immanuel Kants physische ... , Seite 386 |
|||||||
Zeile:
|
Text (Kant):
|
|
|
||||
01 | mit den Peguanern. Die Talapoins leben vom Betteln, sie sind liebreich | ||||||
02 | und tugendhaft. Man verehrt bei ihnen nicht eigentlich ein höchstes Wesen, | ||||||
03 | sondern den Sommona Cadam , einen ehedeß gewesenen Talapoin, der | ||||||
04 | sich nun im Zustande der größten Glückseligkeit befinden soll, zu welchem | ||||||
05 | auch, wie sie glauben, die Menschen nach vielen Wanderungen gewöhnlich | ||||||
06 | in andere Körper gelangen, indem sich ihre Seele mit der Seele der | ||||||
07 | Welt vermengt und als ein Funke in dem Himmelsraume übrig ist. | ||||||
08 | Sommona Cadam aber soll wegen seiner großen Heiligkeit dahin gelangt | ||||||
09 | sein. Die Gottlosen werden zu ewigen Wanderungen in andere Körper | ||||||
10 | verurtheilt. | ||||||
11 | Die Unempfindlichkeit ist bei ihnen die größte Glückseligkeit. Ihre | ||||||
12 | Leichen werden verbrannt. | ||||||
13 | Pegu |
||||||
14 | gehört gegenwärtig zu Ava. Die Ebben und Fluthen sind auf den Flüssen | ||||||
15 | von Pegu und Ava nahe an ihren Ausflüssen außerordentlich wüthend. | ||||||
16 | Der König nennt sich einen Herrn des weißen Elephanten, so wie | ||||||
17 | der von Siam. | ||||||
18 | Außer den Feuer= und Wasserproben giebt man den Beschuldigten | ||||||
19 | rohen Reis zu kauen, unter dem Bedrohen, daß er ersticken müsse, wenn | ||||||
20 | er Unrecht habe. Parallele mit den Hottentotten, denn diese spielen mit | ||||||
21 | den unglückseligen Menschen so grob, liebkosen sie mit ihren Händen und | ||||||
22 | Füßen und werfen sie dergestalt hin und her, daß den Zuschauern schon | ||||||
23 | selbst bange wird, und es ein klägliches Schauspiel abgiebt. Die härteste | ||||||
24 | Strafe ist hier, so wie in andern benachbarten Ländern, dem Kurzweil der | ||||||
25 | Elephanten übergeben zu werden. Die peguanischen Talapoins werden | ||||||
26 | als die gütigsten Menschen von der Welt gerühmt. Sie leben von den | ||||||
27 | Speisen, die sie an den Häusern betteln, und geben, was sie nicht brauchen, | ||||||
28 | den Armen, sie thun Allem, was da lebt, Gutes ohne Unterschied | ||||||
29 | der Religion. Sie glauben, Gott habe an dem Unterschiede der Religion | ||||||
30 | einen Gefallen und halte alle solche Religionen für gut, die den Menschen | ||||||
31 | gutthätig und liebreich machen. Sie schlichten mit großer Bemühung alle | ||||||
32 | Streitigkeiten unter den Menschen. | ||||||
33 | Die Weiber machen sich gerne mit Europäern gemein und bilden sich | ||||||
34 | etwas darauf ein, wenn sie von ihnen schwanger werden. Ihre Kleidung | ||||||
35 | ist anstößig. Überhaupt ist die Nation ziemlich wohlgestaltet und gutartig, | ||||||
36 | obgleich nicht tapfer. | ||||||
[ Seite 385 ] [ Seite 387 ] [ Inhaltsverzeichnis ] |