Kant: AA IX, Immanuel Kants physische ... , Seite 384

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 reichsten Städte im Orient. Daher die malayische Sprache allenthalben      
  02 so sehr im Schwange ist.      
           
  03 Im Königreiche Siam macht der Strom Menam auch seine gesetzte      
  04 Überschwemmung und zwar in den Sommermonaten. Der weiße Elephant      
  05 (sie haben selten mehr als einen) wird aus goldenen Schüsseln bedient,      
  06 es soll die Seele irgend eines Prinzen in ihm wohnen; nächst dem      
  07 wird ein schwarzer Elephant sehr hoch geschätzt. Der siamische Hof ist der      
  08 prächtigste unter allen schwarzen Höfen in Asien. Die Häuser werden auf      
  09 sechs Bambuspfeilern dreizehn Fuß über der Erde wegen der Überschwemmungen      
  10 erhöht, und ein jeder hat zu der Zeit ein Boot vor der Thüre. Die      
  11 Siamer sind furchtsam in Gefahren, sonst ohne Sorgen, nüchtern, hurtig      
  12 etwas zu fassen, aber träge etwas zur Perfection zu bringen, trotzig gegen      
  13 Demüthige und demüthig gegen Trotzige, sonst Herren über ihre Affecte.      
           
  14 Sie sind klein, doch wohl gebildet, schwarz mit breiten Gesichtern, spitziger      
  15 Stirne und Kinne; sie haben kleine dunkle Augen, kurze Nasen, große      
  16 Ohren; sie lassen die Nägel mit Fleiß sehr lang wachsen, einige beschlagen      
  17 sie mit Kupfer. Sie enthalten sich sehr der Schwatzhaftigkeit.      
           
  18 Sie sind auch voll von Ceremonien. Exempel, wie sie den Brief ihres      
  19 Königes an den König von Frankreich nicht in der untersten Etage logiren      
  20 wollten.      
           
  21 Geschmack an verdorbenen und stinkenden Fischen ist ihnen mit den      
  22 Cochin=Chinesern gemein. Ballachare ist ein Muß von gestoßenen Fischen,      
  23 die schlecht gesalzen worden und faulen. Sie brauchen sie als Soya zu      
  24 Saucen. Eben ein solches Gericht haben sie aus kleinen, halb verfaulten      
  25 Krebsen, die zerstoßen so dünn wie Senf werden.      
           
  26 Cocosnußöl ist sehr ekelhaft für die Europäer, wenn es eine Zeitlang      
  27 gestanden hat; sie aber essen davon allezeit mit großem Appetit. Sie essen      
  28 wie überhaupt in den heißen indischen Ländern nicht viel Fleisch, wie      
  29 denn die Europäer sich dort gleichfalls desselben entwöhnen. Was sie aber      
  30 am liebsten essen, sind die Gedärme. In ihrem Handel sind sie sehr ehrlich.      
  31 Sie bedienen sich auch der obgenannten Kauris, die man hier Mohrenzähne      
  32 nennt und hornförmige Muscheln sind, die statt der Münzen      
  33 dienen. Es gehen sechs= bis achthundert derselben auf einen Pfennig.      
  34 Die Leute hier kommen gut mit Goldschlagen zurecht. In der Malerei      
  35 zeichnen sie wie die Chineser ungeheure und bloß unmögliche Dinge.      
           
  36 Das Land von Siam ist mit einer hohen Schicht Lehm bedeckt wegen      
  37 der Überschwemmung der Flüsse, und man findet daselbst schwerlich einen      
           
     

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