Kant: AA IX, Immanuel Kants physische ... , Seite 301 |
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01 | Landes begreift, und unter diesen findet man oft wiederum Überbleibsel | ||||||
02 | des Meeres, so daß zu sehen ist, daß diese Veränderung des festen Landes | ||||||
03 | in Meer und dieses wiederum in festes Land oft auf einander gefolgt ist. | ||||||
04 | Zudem scheint die Sündfluth nur eine allgemeine von diesen Veränderungen | ||||||
05 | gewesen zu sein, nämlich eine Veränderung alles festen Landes in | ||||||
06 | Meer und dieses wiederum in festes Land. | ||||||
07 | Es sind aber unleugbare Merkmale, daß sich dieses mit einigen Strichen | ||||||
08 | der Erde entweder vor oder nachher wirklich zugetragen habe, und daß viele | ||||||
09 | Jahre in einem Zustande solcher Veränderungen verflossen. Daß viele, | ||||||
10 | ja alle Inseln mit dem festen Lande ehedeß müssen zusammengehangen | ||||||
11 | haben, und daß alles dazwischen liegende Land in einen Seegrund verwandelt | ||||||
12 | worden, ist aus den Thieren glaublich, die sich darauf befinden. | ||||||
13 | Denn wenn man nicht behaupten will, Gott habe auf jeder weit vom Lande | ||||||
14 | entlegenen Insel, z. B. den Azorischen, Ladronischen usw., die Landthiere | ||||||
15 | besonders erschaffen, so ist nicht zu begreifen, wie sie herüber gekommen | ||||||
16 | sind, vornehmlich die schädlichen Thiere. | ||||||
17 | Nun frägt es sich, was alle diese Veränderungen für eine Ursache | ||||||
18 | haben. Moro glaubt, die Erdbeben wären im ersten Alter der Erde allgemein | ||||||
19 | gewesen; es wären Berge aus der See sammt den Muscheln gehoben | ||||||
20 | worden, und anderwärts wäre der Grund des Meeres tiefer gesunken, | ||||||
21 | das Salz des Meeres sei von der Asche ausgebrannter Materien ausgelaugt, | ||||||
22 | und endlich sei alles in einen ruhigen Zustand versetzt worden. | ||||||
23 | Nun ist zwar nicht zu leugnen, daß in Peru ganze Berge anzutreffen | ||||||
24 | sind, die vom Erdbeben erhoben sind; sie unterscheiden sich aber von andern | ||||||
25 | auf eine kenntliche Weise. Die Strata liegen nicht so ordentlich hier | ||||||
26 | als anderwärts; auch ist es nicht glaublich, daß bei einer solchen Wuth | ||||||
27 | des unterirdischen Feuers, welches Berge aufgethürmt hat, Muscheln und | ||||||
28 | Thierknochen unversehrt geblieben sein sollten. Überdem, wie kommen die | ||||||
29 | vielen indianischen See= und Landproducte in diese Gegenden? | ||||||
30 | Burnet bildete sich die erste Erde als platt und eben, ohne Meer | ||||||
31 | und Berge, vor. Unter der obersten Rinde war eine große Wasserversammlung. | ||||||
32 | Der Äquator der Erde war nicht gegen die Ekliptik geneigt, | ||||||
33 | sondern fiel vielmehr mit ihr zusammen. Die oberste Rinde stürzte ein | ||||||
34 | und machte Berge, den Boden der See und festes Land. Allein hieraus | ||||||
35 | können die nach und nach geschehenen Revolutionen nicht erklärt werden. | ||||||
36 | Woodward glaubt, die Sündfluth habe alle Materie der Erde, Metalle, | ||||||
37 | Steine, Erde und so weiter aufgelöst, diese aber hätte sich nach und | ||||||
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